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Fast alles über die Abstammung
der echten alten Tüünstedter
Kühn fabuliert vom kleinherzogtümlichen Hofberichterstatter Rollo von Tüünstedt, einem wissbegierigen Mann, der jederzeit bereit ist, jedem alles zu erzählen (nun ja, fast alles).


Tüünstedt ist das bevorzugte Wohngebiet der Tüüner auf der weithin unbekannten Insel Tüünen



Homo erectus tüünensis
. . . . . . . Soll ja keiner sagen, den hätt's nicht gegeben! Auch wenn es schon ziemlich lange her ist und seither diverse große und kleine Eiszeiten seine Spuren mit viel skandinavischem Kies und allerlei ozeanischen Sedimenten zugeschüttet haben, er war hier! Mit seinem Knüppel konnte er mächtig zuhauen und sogar Pflastersteine hat er schon verlegt. Er war also bereits ein richtiger Heimwerker – wie ja noch heute die echten Tüüner und vor allem die eingefleischten Tüünstedter am liebsten alles selber machen. Beweise gibt's auch. Eine hübsche junge Erectüünerin hat uns nämlich ihren Schädel hinterlassen und ein begabter Jetztzeit-Tüünstedter hat mit viel Vergnügen ihr Gesicht rekonstruiert. Die Familie Erecter scheint übrigens ziemlich lange durchgehalten zu haben. Noch vor ca. 40000 Jahren sollen welche rumgelaufen sein. Unser Paar könnte folglich noch seine Nachfolger, die Neanderthaler getroffen haben und, wenn auch eher unwahrscheinlich, sogar erste, moderne Homo sapiens sapiens.
Ist doch niedlich die Kleine – oder was ?




Die echten alten Neandertüüner
Glaubt man den heutigen Wissenschaftlern, so waren die Neandertüüner (die hiesige Sippe der Neanderthaler) eine im europäischen Raum entstandene Weiterentwicklung der alten Familie Erecter. Unverkennbare Anzeichen für neandertüünisches Leben wurden unterhalb der Tüüner Nees vor der westlichen Höhle am Rand des Oberteiches gefunden. So ungefähr vor 100 000 Jahren (zur Nonnsenzer-Warmzeit) zogen jedenfalls einige Neandertüüner durch die Wälder bzw. Steppen der Tüünstedter Umgebung. Durchaus möglich, dass sie dabei hin und wieder noch auf ihre "veralteten" Vorfahren trafen. Mildes, subtropisches Klima bestimmte sowohl die Vegetation wie auch die Artenvielfalt der Tiere dieser erdgeschichtlichen Periode (Wald- und Steppen-Elefant, Nashorn, Rothirsch u.a.). Der frühe Neandertüüner stellte nur einfache Geräte und Waffen her. Aus geeignetem Gestein (Grauwacke, Kieselschiefer, Amphibolit, später Feuerstein) fertigte er Fäustel, Faustkeile, Schaber, Kratzer. Ansonsten lebte er als sogenannter Wildbeuter; jagte und sammelte, was ihm die Umwelt auf seinen Wanderungen bot.

Entwicklungsgeschichtlich
gehört der Neandertüüner bereits zu den "verständigen" Menschen
(homo sapiens neandertüünensis), d.h. zu jener Gattung der Hominiden,
die bereits denkend, planend und bewusst handelnd
die Natur ausgebeutet haben.

. . . . . . . Mit Beginn der nächsten Kalt-(Eis-)Zeit veränderten sich Flora und Fauna Tüünnes dramatisch. Grasreiche Tundren boten nun dem Mammut, Wollhaarnashorn, Moschusochsen, Höhlenbären und anderen Arten der (sub-)arktischen Fauna einen angemessenen Lebensraum. Unser Neandertüüner musste wohl oder übel seine bisherigen Lebensgewohnheiten den veränderten Umweltbedingungen anpassen. Er entdeckte neue Herstellungstechniken und verfeinerte damit seine Gerätschaften und Jagdwaffen aus Stein, wie Funde belegen. Tuschierte Klingen, Bohrer, Hand- und Pfeilspitzen für Speere z.B. befähigten ihn nun, auch Großwild zu zerlegen und dessen Teile zu verwerten. Felle, Knochen, Sehnen halfen, z.B. wärmende Kleidung und schützende Windschirme herzustellen. Aber der massive Kältevorstoß vor rund 70 000 Jahren, der zu ausgedehnten Vereisungen und Dauerfrostböden führte, zeigte auch die Grenzen seiner Anpassungsfähigkeit. Der Neandertüüner wanderte südwestwärts und südostwärts ab oder wurde Opfer polarer Kältespitzen. Mindestens 20 000 Jahre blieb Tüünen unbewohnt.

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Während einer Zwischeneiszeit, die in den Sommermonaten etwas verträglichere Umweltbedingungen bot, kehrten Nachfahren des frühen Neandertüüners noch einmal kurzfristig nach Tüünen zurück. Die Pflanzen- und Tierwelt der Gras- und Strauchsteppen sicherte ihren Lebensbedarf, zumal sie ihre Werkzeuge, Gerätschaften, Jagdwaffen aus Stein, Holz oder Bein inzwischen weiter vervollkommnet hatten (Klingen, Pfriem, Flachspitzen). Zeltartige Hütten erleichterten unseren Neandertüünern Wanderungen und Jagdzüge durch das Land. Der folgende Kälteeinbruch vor etwa 40 000 Jahren jedoch besiegelte das Schicksal des Homo sapiens neandertüünensis auf Tüünen genauso wie das seines Kumpels Homo sapiens neanderthalensis im restlichen Europa. Tundren, Taigas und Frost-Schuttböden bedeckten gletscherfreie Niederungen. Polare Kälte und Nahrungsmangel bedrohten erneut seine Existenz. Nur wenige Neandertüüner dürften den langen Fluchtweg nach Südwesteuropa angetreten und überstanden haben. Der Neandertüüner starb aus - wie so viele andere Arten und Gattungen der Hominiden zuvor auf dem langen Weg zum heutigen Tüüner. Aber die Nächsten standen schon bereit.

 

 



Die Tüüner Hominiden der zweiten Zwischeneiszeit

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Endlich mal wieder
was anständiges zu essen !
So richtig gemütlich
im Sinne einer deutschen
Wohnstube kann es
in einer der damaligen
Wohnhöhlen eigentlich
nicht gewesen sein.

. . . . . . . In Nordeutschland stiegen vor rund 30 000 Jahren während der zweiten Zwischeneiszeit die "gefühlten" Temperaturen wieder an. Grasreiche Strauchsteppen und Birkenbestände förderten die Bestandsgröße eingewanderter Tierarten wie Hirsch, Elch, Wisent, Braunbär, Rentier, Moschusochse usw. Zu dieser Zeit wanderten sowohl aus Nordafrika über Spanien und die Pyrenäen kommend, als auch von Vorderasien über Anatolien und den Balkan kommend Menschengruppen nach Europa ein, denen die heutigen Wissenschaftler mehr Innovationskraft zumessen als den Neandertüünern. Anthropologisch ist der Cro-Magnon-Tüüner ein vollwertiger Homo sapiens sapiens und folglich ein "entfernter" Verwandter des jetztigen Tüünstedters (Homo sapiens sapiens tüünensis). Der Cro-Magnon-Tüüner entwickelte z.B. Steinwerkzeuge, mit denen man schneiden, sägen und sticheln konnte. Ansonsten war dies aber ein rauhes Jägervolk. Nomadisierend zogen die Familienclans mit Sack und Pack (Fellzelte) in Norddeutschland von Ort zu Ort, um in der weitläufigen, offenen Landschaft der Jagd, dem Fischen und dem Sammeln von Beeren, Bodenfrüchten oder Heilpflanzen nachzugehen.
. . . . . . . Die Sommer waren kurz und die Winter grausam kalt. Die Nahrungskonkurrenz war zum Fürchten: In der grenzenlosen Wildnis hausten noch der kolossale Höhlenbär, der mächtige Höhlenlöwe und die räuberische Höhlenhyäne. Das Fleischangebot für unsere Cro-Magnon-Tüüner war zwar reichlich, aber auch ziemlich wehrhaft: Mammut, Nashorn, Wisent und Auerochs wissen sich durchaus ihres Felles zu wehren. Auf der Jagd nach Rentieren und anderer, etwas harmloserer Beute streifen die Männer wochenlang durch tief verschneite Täler, rennen mit Speeren und Fackeln todesmutig gegen Stoßzähne, Hörner und Geweihe an. Wunden heilt kein Arzt: der Schamane oder auch die Schamanin legen Kräuter und Moose auf die Wunden und versuchen mit Trommeln, die bösen Geister zu vertreiben und gute Geister herbeizurufen (das machen einige Tüüner übrigens heute immer noch). Von einem Rentier können fünf Menschen eine Woche lang leben. Die kompakten, muskulösen Cro-Magnon-Frauen kauen (!) die Felle weich, schneiden mit Feuersteinklingen Fellkleidung zurecht und nähen die Teile mit Sehnen zusammen. Sie schmücken sich mit Muschelketten und werden im Alter von etwa zwölf "verheiratet". Anschließend sind sie mehr oder weniger ständig schwanger. Allein um die Bevölkerungsgröße zu erhalten, musste jede Frau mindestens vier Kinder großziehen. Die Kindersterblichkeit ist enorm. Vermutlich wird nur jedes dritte Kind erwachsen. Die Hälfte der Bevölkerung wird nicht einmal zwanzig Jahre alt. Ein vierzig bis fünfzig Jahre alter Schamane ist eine echte Rarität.
. . . . . . . Um die strengen Winter zu überleben, suchen unsere Cro-Magnon-Tüüner im Winter die etwas wärmere Bodensee-Gegend auf. Im Frühling und Sommer zieht die ganze Horde von etwa dreißig bis vierzig Menschen dem Wild nach bis zur Tüüner Tundra. Insgesamt dürften im Raum zwischen Alpen und Skandinavien nicht mehr als als 25000 Cro-Magnon-Menschen und -Tüüner gelebt haben. Aber auch ihr Verbleiben war nicht von langer Dauer. Neue Kälteeinbrüche führten wieder zu einem sogenannten Kältemaximum. Die Dauervereisung griff wieder weit nach Süden aus. Für mehrere Jahrtausende bedeckten Frostschutt und Dauerfrostböden Ebenen und Täler. Selbst kältegewohnte Tiere zogen in freundlichere Gefilde oder verendeten.



Nach der letzten Eiszeit
. . . . . . . Nein, die heutigen Tünnstedter sind keine übriggebliebenen Exemplare des Homo erectus, keine Neanderthaler und auch keine Cro-Magnon-Reste ! Die "Ureltern" der heutigen Tüünstedter sind mit den nacheiszeitlichen Einwanderungswellen des modernen Homo sapiens sapiens nach Nordeuropa gekommen. Wann genau sie in Tüünen ankamen, ist allerdings wie überall in Nordeuropa nur anhand von mehr oder weniger spärlichen archäologischen Bodenfunden zu bestimmen. Zur Zeit wird vermutet, dass Homo sapiens sapiens vor ungefähr 100000 Jahren das südöstliche Mittelmeer erreicht hatte (Ägypten und Vorderasien). Ein Teil zog am Südufer des Mittelmeeres weiter nach Nordafrika und Spanien. Um 25000 v.Null lag der Meeresspiegel etwa 125 Meter tiefer als heute, die "Lücke" bei Gibraltar war also damals eher eine "Landbrücke" nach Spanien. Auch der Ärmelkanal war noch trocken und England und Irland folglich noch nicht isoliert. Vor etwa 40000 Jahren soll, von Nordafrika und Spanien ausgehend, ein Volk mit "vaskonischer" (baskischer) Kultur (Höhlenmalerei) und Sprache (?) West- und Mitteleuropa entlang der atlantischen Küsten nach Norden und Nordosten bis ins Baltikum besiedelt haben. Das wird allerdings hübsch langsam geschehen sein, weil bis etwa 13000 v.Null in den nördlicheren Gegenden noch die ausgehende Eiszeit für Probleme sorgte. Diese Vermutung ergibt sich, wenn man die heutigen Forschungsergebnisse der Geologen, der Klimaforscher, der Archäologen, der Human-Genetiker und der Sprachforscher zusammen berücksichtigt. Bemerkenswert: 75 % der heutigen nordwesteuropäischen Gene (auch unsere Tüüner Gene) gehen immer noch auf diese "vaskonische" Einwanderungswelle zurück.
. . . . . . . Ein anderer Teil des Homo sapiens sapiens zog über Vorderasien (Israel / Libanon) langsam nach Norden und Nordwesten Richtung Anatolien, Kaukasus und dann weiter in die südrussische Steppe (einige tausend Jahre später treffen deren Enkel dann auch in Tüünen ein).
. . . . . . . Die mittlere Steinzeit (bis etwa 9000 v.Null) endete klimatisch turbulent. Kalte Zeiten wechselten in kurzen Abständen mit wärmeren, regenreiche mit trockenen Zeiten. Waldreiche Taigas, baumlose Tundren, grasreiche Steppen und lichte Wälder veränderten in relativ kurzer Zeitfolge Landschaft, Flora und Fauna Nordeuropas. Tüünen wurde erst um etwa 13000 v.Null vom zurückweichenden Eis freigegeben. Von etwa 13000 bis 10000 v.Null lebten südwestlich der Nees während einer kurzen wärmeren Phase Menschengruppen, deren Lebensstil etwas genauer beschrieben werden kann. Die Tüünstedter Rentierjäger wohnten nomadisierend in Fellhütten und erlegten mit leichten, weittragenden, tödlichen Speeren (Speerschleudern mit feinen Steinspitzen) selbst schnellfüßiges Wild, vorwiegend Ren und Wildpferd, aber auch Elch und Rothirsch. Jagend folgten sie den Tierherden auf ihren Zügen in deren Sommerreviere bis zur Ostsee (Fehmarn, Tüünen, Rügen). Funde – vorwiegend aus Feuerstein und Kieselschiefer-, die im Bereich Tüünstedt gesammelt wurden, lassen vermuten, dass die Tüüner Hochufer bevorzugte Lagerplätze der Rentiertüüner waren.



Erstaunliche Entwicklung in der Jungsteinzeit
. . . . . . . So etwa ab 7000 v.Null wurde das Klima wärmer und beständiger, die Homo sapiens sapiens der mittleren Steinzeit hatten allerlei dazugelernt und aus dem Mittelmeerraum drang langsam aber stetig nicht nur neue Technologie, sondern auch feinere Kultur nach Norden vor. Auch das Land wurde jetzt "kultiviert": die überzeugende Idee des Ackerbaus hatte den Weg nach Nordwesteuropa gefunden. Das wiederum bedingte eine zunehmend längere Ortsansässigkeit der neuen Bauern. Erste feste Siedlungen lassen sich nachweisen. Nachteil dieser neuen Lebensweise: der Gesundheitszustand der Bevölkerung verschlechterte sich. Die ersten Zivilisationskrankheiten lassen sich an den alten Knochen unserer Vorfahren nachweisen. Inzwischen hatten die auch gelernt, Ton zu brennen und Gefäße herzustellen. Scherbenfunde von Töpfen und Schalen lassen erkennen, dass in Norddeutschland die "Keramiker" vor etwa 7000 Jahren bis Tüünen vorgedrungen waren oder zumindest den hier ansässigen Tüünstedtern ihre Techniken vermittelt hatten (zuerst kamen die Bandkeramiker, später die Schnurkeramiker, dann die Trichterbecherleute, danach auch noch die Glockenbecherleute). Keramikgefäße erleichterten das Zubereiten, Garen und Aufbewahren von Nahrungsmitteln (Tüünstedter Wildkräuter- Eintopf mit Wildschwein- Geschnetzeltem ist heute noch sehr beliebt). Spinnwirtelfunde deuten darauf hin, dass die Tüünstedterinnen Woll- und Pflanzenfasern zu Gewebe verarbeiten konnten. Modische Stoffe ergänzten von nun an die "robusten" Fell- und Pelz-Utensilien.

. . . . . . . Ab etwa 5000 v.Null kam die Bearbeitung und Umsetzung sehr großer Steine als neue Mode auf. Sie verbreitete sich ausgehend von Spanien über Frankreich, Irland, Britannien, Deutschland, Südskandinavien und entlang der südlichen Ostseeküste bis Estland. Das lässt auf eine große, raumgreifende Religion schließen, die sich mit offensichtlich überzeugenden Argumenten entlang der Küsten und der großen Flüsse verbreitete. So ungefähr um 3500 v.Null hatten diese Megalith-Ideen auch Tüünen erreicht. Die berühmtesten auf Tüünen noch immer vorhandenen Großsteingräber sind die heute sogenannten "Twee Tidden", die auf eine Besiedelung oder zumindest Kultivierung durch eben jene "Megalither" hinweisen, die sich in West- und Nordeuropa breitgemacht hatten. Deren Überzeugungsarbeit muss ziemlich überzeugend gewesen sein, wenn die arbeitswütigen Priester (?) dieser "atlantischen Elite-Einheiten" es schafften, unsere inzwischen zu ortsfesten Ackerbauern gewordenen Vorväter zu so anstrengenden Großtaten wie dem Bau von Großsteingräbern zu motivieren. Wahrscheinlich brachten "diese Atlantiker" (oder Megalith-Leute) auch wissenschaftlichen Forscherdrang mit nach Norden, denn die mecklenburgischen Steinkreise knapp südöstlich von Tüünen haben durchaus astronomische Aspekte.
Dicker Brocken.
Was für Gedanken müssen hinter dieser "Grab-Mode" gesteckt haben?

. . . . . . . Um 4300 v.Null erreichten von Osten her die Trichterbecher-Leute die Gegenden nördlich der Elbe. Trotz des rasanten Anstiegs des Meeresspiegels während der letzten fünftausend Jahre, lag "Normalnull" um diese Zeit immer noch etwa fünf Meter tiefer als heute, die Küstenlinie der Nordsee verlief also einige Kilometer weiter "draußen" als heute. Der Pegel der Ostsee lag mindestens drei Meter tiefer als heute, auch die Tüüner Küstenlinie verlief also deutich anders als heute. Wälder überwucherten ganz Norddeutschland, überwiegend Eichen, aber auch Linden und Ulmen. Buchen waren selten, Nadelbäume fehlten fast völlig. In Flüssen und Seen tummelten sich Hecht, Barsch, Schleie, Aal und Brasse. Fisch- und Seeadler, Graugans und Höckerschwan, Kranich und Wanderfalke beherrschten die Luft. Biber gestalteten mit ihren Bauten die Flusslandschaften um, Wolf und Wildkatze jagten große und kleine Tiere. Der "Trichterbecher-Tüünstedter" jagte Elche und Rothirsche, erlegte mit Glück auch mal ein tonnenschweres Ur, musste aber auch auf der Hut sein vor Braunbären und wehrhaften Wildschweinen. Der durchschnittliche Trichterbecher-Tüünstedter (was für ein magerer Begriff für diese Menschen, die doch einige Jahre später tonnenschwere Findlinge zu beachtlichen Grabanlagen auftürmten) wurde etwa 1,70 Meter groß, seine Frau 1,65 Meter. Seine durchschnittliche Lebenserwartung lag aber immer noch bei nur etwa 35 Jahren. Der Austausch von Waren und Ideen regionaler Kulturgruppen nahm aber nun mittels der "Fernwanderwege" an Bedeutung zu. Die prähistorische Handelsstraße, die vom Niederrhein bis zur Ostseeküste führte, ist gesäumt von vielen Hügelgräbern. Wohl kaum Gräber erschöpfter Fernhändler, eher wohl Grabstätten reicher, ortsansässiger Lokalfürsten. Es darf vermutet werden, dass lokale Muskelmänner auch damals schon eine Art Wegebenutzungsgebühr von "Fernwanderern" eingetrieben haben.

. . . . . . . Zur Tüüner Jungsteinzeit (grob geschätzt von etwa 3500 bis etwa 1700 v.Null) bedeckten dann artenreichere Laubwälder Tüünen und das übrige Norddeutschland (Pappel, Erle, Ulme, Ahorn, Linde). Die Tierwelt unterschied sich von der unserer Urgroßväter kaum. Die Tüünstedter Funde gehören zu den Hinterlassenschaften verschiedener Kulturgruppen, die entweder einwanderten oder einheimischen Siedlern ihre neuen Herstellungsverfahren für Gerätschaften, Werkzeuge, Waffen und auch Schmuckwaren vermittelten (Tauschhandel). Ihre ethnische Zugehörigkeit ist nicht schlüssig nachweisbar. Zieht man die Forschungsergebnisse der Sprachforscher, der Gen-Forscher und der Religions-Wissenschaftler mit in die Betrachtung ein, muss sich hier in Nordwest-Europa in der jüngeren Steinzeit und der aufkommenden Metallzeit die Bevölkerung ziemlich heftig durchmischt haben. Die blonden Vorfahren der späteren Germanen waren zwar schon hier, sprachen aber nicht indogermanisch, sondern ihre eigene, vermutlich vaskische Sprache. Streng genommen waren sie folglich auch keine "Arier". Die von Osten aus der südrussischen Steppe kommenden "indogermanischen" Viehzüchtergruppen dürften nämlich erst so um 1500 v.Null in unserer Gegend eingetroffen sein!
Übrigens: so manche norddeutsche Siedlung aus der Jungsteinzeit ist bis heute "ortsfest" (Hamburg zum Beispiel), nur die Namen dürften sich etwas verändert haben .

Drei typische
Tüünstedter
Küstenwächter
Die Uniformen
haben sich seither
ein klein wenig
geändert,
aber sonst . . .


. . . . . . . Bezogen auf die sehr langzeitigen Entwicklungsstufen vorhergehender Kulturepochen sind die kulturellen und technischen Fortschritte von der jüngeren Mittelsteinzeit bis zur Jungsteinzeit durchaus mit den technologischen Sprüngen der Gegenwart vergleichbar - und das nicht nur auf Tüünen: Die Herstellung von Kleinstwerkzeugen, sogenannten Mikrolithen, daumengroßen, spitz-oder scharfkantigen Werkzeugen aus Feuerstein, wurde vollendet. Steinerne Beile, Äxte (Streitäxte), Keile, konnten nun geschliffen, durchbohrt und geschäftet werden. Ihre Grundformen unterscheiden sich nicht von denen gleichartiger metallener Werkzeugen unserer Zeit..
. . . . . . . Und ganz entscheidend: die Menschen waren sesshaft geworden. Sie betrieben Ackerbau und Viehzucht, errichteten feste Hütten (Häuser) aus Holz, Lehm oder Gestein und begannen, sich örtlich und regional zusammenzuschließen.

So ein jungsteinzeitliches Tüünstedter Langhaus
bot im Vergleich zu den früheren Fellzelten schon erheblich mehr Schutz gegen die Unbilden des nebelfeuchten
Tüünstedter Wetters. Obwohl: von Komfort im heutigen Sinn kann man leider immer noch nicht sprechen.

. . . . . . . Die bislang übliche alters- und geschlechtsbezogene Arbeitsteilung (Jagen, Sammeln, Werkzeuge herstellen, Lagerstelle schützen und versorgen) spezialisierte sich zunehmend. Bauern, Viehzüchtern und Hirten wurden neue Arbeitsschritte und -methoden abverlangt. Die Versorgung mit Kleidung, Nahrungsmitteln, Werkzeugen wurde hauswirtschaftlich von den Anwohnern des Hauses und gemeinschaftlich betrieben.
. . . . . . . Ein fataler Nebeneffekt der neuen Sesshaftigkeit waren Mangelkrankheiten. Die Ernährung der alten Sammler und Jäger war offensichtlich gesünder. Einerseits stieg nun zwar bei den Bauern die Geburtenrate, damit einhergehend aber auch die Menge der Toten. Bestattungen wurden nun lokal organisiert und ritualisiert. Verstorbene Tüüner fanden in einem Schacht oder als Leichenbrand in einer Urne (Totenhaus) eine Ruhestätte. Die Grabstellen bedeckte oft ein Erdhügel, umrandet von einem Graben, einem Stein- oder Pfostenkranz (Hügelgräber).

Zu Beginn der Jungsteinzeit war Tüünen übrigens immer noch Festlandsteil und nicht wie heute von Kontinentaldeutschland isoliert. In Folge des weiter steigenden Meeresspiegels muss dann aber schon recht bald die alles entscheidende Trennung Tüünens vom kontinentaldeutschen Festland eingetreten sein. Darauf deutet unter anderem die Steinritz-Illustration des Tüünstedter Drachenbootes hin. Ein bemerkenswerter Langboot-Typ mit bis zu 20 Paddlern, einem Steuermann auf dem Heck und einer nicht genau einzuordnenden Figur im Bug. Solche langen Boote haben sich einige tausend Jahre lang im Tüüner Umfeld ziemlich gut bewährt (die beweiskräftige Felszeichnung mit dem Langboot aus der Jungsteinzeit muss noch abgesteint werden - leider benötigt der Kopierer dazu mehr Zeit als befürchtet). Später wurde dann mit den "Paddelbooten" der Saxen und den schnellen "Wikinger- Drachenbooten" diese nordische Tradition erfolgreich weitergeführt und auch heute noch sind sportlich engagierte Tüünstedter in vergleichbaren Booten unterwegs.
. . . . . . . Eine besondere Eigenart des Tüünstedter Drachenbootes ist übrigens seine Doppelköpfigkeit. Das Motiv des Doppelkopfdrachens hat schon so manchen Wissenschaftler, Pädagogen und Psychoanalytiker an den Rand der Verzweiflung gebracht. Wissen sie doch nie genau, welcher Drachenkopf gerade etwas gesagt hat. Bekannt ist nur: der eine sagt immer die Wahrheit, der andere lügt hin und wieder schamlos. Aber wann?



Schönes Leben in der Bronzezeit ?
. . . . . . . Die weitere Entwicklung über Bronzezeit und frühe Eisenzeit zeigt auf Tüünen die gleichen Symptome wie im südlich benachbarten Mecklenburg: alles findet hier erst ein paar Jahrhunderte später statt, obwohl die Tüünstedter eigentlich doch ziemlich neugierig sind. So vor ungefähr 3500 Jahren müssen dann endlich jene Völker mit der berühmten indoeuropäischen Sprache von Südosten her in der Tüüner Umgebung angekommen sein, wenn man den heutigen Sprachforschern glauben darf. Aus Ihnen, der alten "Ur-Bevölkerung" und den sogenannten Megalith-Leuten entstanden dann unter anderem die "Proto-Germanen" und folgend jene germanischen Stämme, die dann schon mal Erwähnung in der damaligen Reiseliteratur fanden. Nein, Homer hat nichts berichtet – obwohl einige Details aus der Odyssee durchaus auf die typisch rauhen Begrüßungsformeln Tüünstedter Küstenwächter schließen lassen. Der alte Grieche Pytheas von Massilia (Marseille war damals ein griechischer Fernhandelsposten) hat sich um 325 v.Null zum erstenmal schriftlich über die damaligen Tüünstedter (?) und ihre nordwestlichen Nachbarn ausgelassen. So richtig begeistert war er allerdings nicht. Hat wohl nach dem Essen keinen Ouzo bekommen.
. . . . . . . Zunächst einmal konnten die echten alten Tüüner aber die Bronzezeit genießen. Unter heutigen Populär-Archäologen ist dabei oft auch von der Goldenen- oder Sonnen-Zeit die Rede. Echten alten Tüünstedtern ist das viel zu einfach und irreführend ausgedrückt. Sicher, hinterm Küstennebel schien auch auf Tüünen die Sonne, aber für den Normal-Tüüner war das Leben nicht unbedingt "sonnig", auch wenn nun die Sonne offensichtlich einen bedeutenden landwirtschaftlichen sowie religiösen Einfluss erhielt. Das wiederum machte sich beim Goldverbrauch für Priesterhüte bemerkbar. Der einfache Tüüner Bronzezeitbauer hatte vom Gold allerdings nur wenig Nutzen. Die Zeiten wurden nämlich verdammt unruhig, unter anderem, weil die neuen Metallwerkzeuge die gewohnten Märkte für "Stein-Zeug" ruinierten. Unangenehm für die Tüüner war vor allem, dass es auf Tüünen weder Kupfer noch Zinn gibt. Die daraus entstehenden Bronzegeräte mussten zunächst alle importiert werden. Immerhin gab's auf Tüünen (gibt's immer noch) einige nützliche Fundstellen für Gold (z.B. im Goldbek). Bedeutender als Gold war aber vor allem der an der Tüüner Nordostküste gefundene, allzeit beliebte Bernstein. Damit konnte man sich zumindest etwas am kontinentalen Tauschhandel beteiligen.
. . . . . . . Selbstverständlich lassen sich echte alte Tüünstedter von solch lästigen Handelsbedingungen nicht auf Dauer behindern. Nachdem die ersten Bronzegeräte den Weg über die Elbe geschafft hatten, sorgten vor allem schon mal die Tüünstedter Frauen für ständig steigende Nachfrage nach schmückenden Bronze-Ringen, Bronze-Fibeln, Bronze-Nadeln, Bronze-Glöckchen, Bronze-Spiegeln. Und wer als Tüünstedter Mann etwas auf sich hielt, musste mindestens einen Bronze-Dolch, besser noch ein Bronze-Schwert besitzen. Und auch die für religiöse Dienstleistungen freigestellten Männer und Frauen wollten an der Bronze-Mode teilnehmen. Allerlei Geräte und Dinge, deren Zweck heute nicht mehr klar erkennbar ist, sollen angeblich religiösen Ritualen gedient haben.

Der Tüünstedter Kesselwagen
Seitdem dieses bronzene Prachtstück bekannt ist, rätseln Archäologen, Priester und andere Geschichtenerzähler, wozu dieser Kessel auf Rädern den alten Bronzezeit-Tüünern wohl gedient haben könnte.
Keiner von ihnen kam auf das doch ziemlich Naheliegende: In diesem Kessel kochten und transportierten liebevolle Tüünerinnen einen kräftigen Eintopf für ihre heißgeliebten Jungs von der Strandwache. Es handelt sich also um eine Feldküche! Oder was?
Spekulationen, es handele sich um einen "Bronzebahn-Wagen" einer Art "Bronzezeit-TüKB" werden von den Nonnsenzer Historikern scharf zurückgewiesen.

. . . . . . . Bronze lässt sich recht hübsch mit Gold und Bernstein kombinieren. Das hatten die Tüünstedter ziemlich schnell begriffen. Bernstein gab's reichlich an der Küste und Gold am Goldbek-Ufer. Nachdem die Tüünstedter Bronzeschmiede erstmal raushatten, wo sie Kupfer und Zinn beschaffen konnten (Kupfer aus dem Mansfelder Revier, Zinn aus dem Erzgebirge und aus Cornwall) und wie man Bronze gießt und schmiedet, produzierten sie die schönsten Bronzedinge selbstverständlich für den Tüünstedter Eigenbedarf. Selten waren die Tüünstedter Mädels so vom Scheitel bis zur Sohle mit Schmuck behängt, wie zur Blüte der sogenannten "nordischen Bronzezeit". Wobei die kulturellen Beziehungen zu den Ostsee-Nachbarn offensichtlich besser waren als die geschäftlichen zu den südlich der Elbe wohnenden Verwandten. Trotzdem hat's aber zumindest eine jüngere, gut ausgestattete Lüneburgerin mal nach Tüünstedt verschlagen. Ihre prachtvoll mit Bronze bestückte Flügelhaube und noch allerlei sonstige "südliche" Schmuckstücke hat man ihr netterweise mit ins frühe Grab gelegt.
Ganz schön
teuer behängt,
unsere hübsche
Bronzezeit-
Tüünstedterin
und ihr Kerl
zeigt auch 'ne Menge her.
Zur sozialen Unterschicht
gehörten diese beiden
sicher nicht.

. . . . . . . Apropos Grabsitten: den enorm aufwendigen Bau von Megalithgräbern haben die Tüünstedter schnell wieder aufgegeben. Viel zu anstrengend sowas! Vielleicht sind unseren Vorfahren aber auch nur die Vorräte an ganz großen Findlingen ausgegangen? Statt dessen wurden in den folgenden Jahrhunderten allerlei andere Bestattungs-Moden ausprobiert. Nur eines blieb: der echte, anständige Tüünstedter wurde in Nord-Süd-Richtung beigesetzt. Verständlich, hat doch der Anblick der Sonne im nebligen Norden bis heute eine herzerwärmende Bedeutung.
. . . . . . . Das hat sich damals wohl auch eine neue (?) Priester-Gilde gesagt, dem Oberpriester einen großen goldenen Hut aufs Haupt gesetzt und die Leute mit allerlei Sonnen-Symbolen, Sonnen-Rädern und Sonnen-Kulten beeindruckt (ob das vielleicht nachgeahmte Ideen aus Ägypten waren?). Obwohl, wenn man sich heute die sogenannten Sonnensteine anschaut, eine gewisse Ähnlichkeit mit Brettspielen auch nicht auszuschließen ist. Allerdings wurden die dazu passenden Würfel und Spielfiguren noch nicht gefunden.
Der rätselhafte Tüünstedter Sonnenstein



Schon wieder mit Verspätung
. . . . . . . Während die Tüünstedter Bronzeschmiede noch an ihrer Bronzeverarbeitungstechnik übten, hatten irgendwo südöstlich des Schwarzen Meeres pfiffige Metall-Arbeiter schon ein neues Metall in den Fingern: Eisen. Es dauerte wieder gut tausend Jahre, bis die Technik der Eisenverarbeitung endlich die Ostsee-Anlieger erreichte. Aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass die norddeutschen Frühgermanen wohl erst um 200 v.Null ihr eigenes, selbstgesammeltes Raseneisenerz zu selbstverhüttetem Eisen verarbeiteten. Bis dahin war Import-Eisen um einiges teurer als Gold.
. . . . . . . Machen wir uns nichts vor: Das technologische Bildungsgefälle zwischen den Mittelmeer-Völkern und den Nordeuropäern war damals enorm. Nicht zuletzt zeigt sich das in der rückständigen germanischen Landwirtschaft. Kurz gesagt: die frühgermanischen Tüüner lebten verdammt kärglich und hatten den damals fortschrittlicheren Mittelmeer-Südländern schlichtweg kaum was zu bieten: nur mit blonden Zöpfen und etwas Bernstein kann man kein Weltreich aufbauen. Auch das erste aus Raseneisenerz selbst gewonnene und geschmiedete Eisen hatte eine erbärmliche Qualität, verglichen mit gleichzeitigen japanischen, syrischen oder iberischen Produkten. Erst etwa tausend Jahre später können Solinger und Tüüner Schmiede "damaszierte Klingen" schmieden. Keine Spur also von unbesiegbaren germanischen Zauberschwertern. Die existierten höchstens in den alkoholumwaberten Met-Köpfen germanischer Möchtegernhelden. Wenn irgendein nördlicher Edeling wirklich mal eine glänzende Figur abgab, dann in einer gut gebrauchten Import-Rüstung. Der normale Germanen-Krieger zog noch viele Jahre mit bewährten Stein-Speeren, Stein-Lanzen, Stein-Äxten, Stein-Dolchen und – wenn überhaupt – ziemlich simplen Bogen mit Steinspitzen-Pfeilen in den Kampf.
. . . . . . . Auch der normale germanische Bauer in unserer Gegend ging nach wie vor mit seinen altbewährten Stein- und Holzgeräten auf seinen im Vergleich zu den Mittelmeer-Ländern kümmerlichen Acker, der trotz der mühsamen Bearbeitung verdammt wenig Ertrag brachte. Die Getreidesorten waren nämlich im Sinne des Wortes noch ziemlich "naturnah" – weder durch jahrtausendelange Auswahl überzüchtet noch genetisch manipuliert. Sogar die mickerigen Haustiere hatten noch Ähnlichkeit mit ihren wild lebenden Verwandten. Und das Wasser stieg mal wieder etwas höher, was an der Küste die Grundstückspreise ansteigen ließ. Kein Wunder, dass hungrige Jung-Germanen ohne Aussicht auf einen Erbhof sich alsbald auf die Socken machten, um südlich der Alpen als Berufssoldat mal was anderes zu essen.



Seit wann sind wir Tüünstedter denn nun Germanen?
. . . . . . . Schwer zu beantworten, diese Frage. Eigentlich werden wir "Tüünstedter Germanen" ja nur durch unsere Sprache definiert. Glauben wir den Verhaltensforschern, dann müssten die zugewanderten, "indoeuropäisch" sprechenden Nomaden-Jungs (angeblich die mit den Streitäxten und Viehherden) sich heftig um die einheimischen Bauernmädels gekümmert haben. Der erforschte Tüüner "Gen-Pool" zeigt dagegen eine gewisse "blonde" Beständigkeit. Nach Erkenntnissen einiger Sprachforscher sollen viele west- und mitteleuropäische Fluss- und Flurnamen noch bis heute alte, vorindogermanische (vaskische) Wurzeln haben. Etwas forsch ausgedrückt: Wer zuerst kommt, gibt den Namen. Die Indoeuropäer haben dann dem alten vaskischen Namen manchmal noch eine neue eigene Bezeichnug angehängt, was gelegentlich zu verdoppelten Begriffen führte wie "Dieksee" (Teichsee) oder "Chiemsee (Wassersee). Die "Neuen" waren kriegerische Reiter mit überlegenen Waffen und konnten so vermutlich den alteingesessenen, gemütlichen Ackerbauern bei Bedarf ihren Willen aufzwingen und das dürfte, wie auch neuzeitliche "Kolonial-Erfahrungen" bestätigen, alsbald zu einer Übernahme der neuen "siegreichen" Sprache durch die Altbevölkerung geführt haben.
. . . . . . . Um uns das etwas genauer zu erklären, müssen wir einen ganzen Haufen von Faktoren in Betracht ziehen. Homo sapiens sapiens hat vermutlich die letzte Eiszeit In Spanien, Nordafrika und südlich des Schwarzen Meeres überwintert. Als es im Norden wieder wärmer wurde, dürften sich einige hungrige junge Leute ohne "eigenes Revier" wieder über die Pyrenäen getraut haben und sind dann im Laufe der Generationen Stück für Stück weitergewandert. Die erste Welle dieser Westeuropäer hat sich wahrscheinlich (?) von Spanien aus entlang der Küstengebiete vorgearbeitet und später dann entlang der Flüsse "etwas" ins mitteleuropäische Landesinnere hinein verbreitet. Das lässt sich anhand diverser Bodenfunde mit aller Vorsicht nachvollziehen. Ihre Sprache könnte sich in der baskischen Sprache erhalten haben. Moderne (!) Blut- und Gen-Untersuchungen aus den späten 90er Jahren bestätigen ebenfalls eine gewisse "Urtümlichkeit" der um die Pyrenäen herum ansässigen Bevölkerung. Und auch die übrigen West-, Mittel- und Nordeuropäer lassen sich noch um 2000 nach Null zu 75 % auf diese Einwanderungswelle zurückführen. Ihre nach Norden mitgebrachten Kulturzeugnisse finden sich bis hinauf nach Skandinavien. Von Osten her sickerte etwas später über den nun eisfreien "Korridor" zwischen dem Skandinavien-Eis und dem Alpen-Eis ebenfalls eine Homo sapiens sapiens Bevölkerung ein, die aber anscheinend nicht mehr aus großräumig wandernden Jägern und Sammlern bestand, sondern bereits ortsfest siedelte und eine neue, arbeitsteilige Gesellschaftsform mitbrachte.
. . . . . . . Nun dürfen wir uns aber die Bevölkerungs- und Siedlungsdichte nicht so wie heute vorstellen. Grob geschätzt dürften sich längerfristig bewohnte Lager oder Siedlungen im Abstand von mindestens einer Tageswanderung, also etwa 25 bis fünfzig Kilometer, angefunden haben. So eine steinzeitliche Siedlung bestand aus einer Großfamilie mit etwa fünfzig bis hundert Personen, davon die Hälfte Kinder. Und zwischen den Siedlungen gab's reichlich Urwald.
. . . . . . . Mit zunehmender Erwärmung schmolzen das nördliche sowie das alpine Eis und der Meeresspiegel stieg weltweit wieder an - zeitweise enorm schnell. Eine noch recht junge, aber ziemlich einleuchtende Theorie besagt, dass vor grob geschätzt 10.000 Jahren das Mittelmeer beim heutigen Istanbul zum damals etwa 120 Meter (?) tiefer gelegenen Schwarzen Meer durchbrach. Betrachten wir die strömungsbedingten Unterwasser-Schuttkegel am Goldenen Horn, dem Ausgang (Eingang) zum Schwarzen Meer, so wird die Theorie bestätigt. Das bedeutet, dass innerhalb einer sehr kurzen Zeit (ein bis zwei Jahre ?) das Schwarze Meer um 120 Meter anstieg. Auch wir von heute können uns leicht vorstellen, wie das auf die ahnungslosen Anwohner gewirkt haben muss. Die größten Landverluste muss es übrigens am Nord- und Westufer des Schwarzen Meeres gegeben haben. Die Bewohner dieser Gebiete mussten also flüchten. Je nach Ausgangspunkt die Donau aufwärts oder den Dnjepr rauf und dann nördlich um die Karpaten herum.
. . . . . . . Die Sprachforscher sind derzeit (!) der Meinung, dass sich um diese Zeit herum (8000 v.Null) auch die indoeuropäische Ursprache nach und nach in mehreren "Strömen" verbreitet hat, ausgehend vom Südost-Rand des Schwarzen Meeres (Nordost-Anatolien / Armenien / Georgien). Ein südlicher Strom Richtung West-Anatolien und Griechenland, etwas weiter nördlich auch in Richtung Albanien. Eine östlicher Strom Richtung Persien, Afghanistan und Indien sowie etwas später eine nördliche Linie um das Schwarze Meer herum, in die südrussische Steppe hinein und dann nach Westen, aus der sich die späteren baltischen und slawischen Sprachen, die keltischen sowie die italischen und germanischen Sprachen entwickelt haben. Im alten Kerngebiet lebten u.a. noch die heute als Indoeuropäer erkannten Hethiter, einige mittlerweile ebenfalls ausgerottete anatolische Völker (u.a. die Kappadokier) und die seit Jahrtausenden ortsfesten Armenier, die ebenfalls bis heute eine indoeuropäische Sprache sprechen.
. . . . . . . Nun sind die "Indoeuropäer" nicht so schnell wie später die mongolischen Reiterhorden vorgedrungen, sondern hübsch langsam über viele Generationen. Aus Bodenfunden ist zu schließen, dass sie im Gegensatz zu den altansässigen europäischen Ackerbauern anscheinend eine Viehhirten-Kultur waren. Zumindest die sogenannten "Kurgan-Leute" aus der südrussischen Steppe kannten um ungefähr 4500 v.Null bereits kleine Reitpferde und waren deutlich mobiler als die bäuerlichen Megalitheuropäer. Zieht man Vergleiche mit uns ziemlich gut bekannten südostafrikanischen Ackerbauern- und Viehhirten-Kulturen aus der Zeit um ungefähr 1875 n.Null, so kann man wohl davon ausgehen, dass die nomadisch-mobilen, indoeuropäischen "Streitaxtleute" ebenfalls mit einer gewissen agressiven Arroganz gegenüber den sesshaften Ackerbauern auftraten. Zur Zeit der indoeuropäischen Einwanderung nach Westeuropa bauten die altansässigen Ackerbauern jedenfalls ziemlich plötzlich ihre ersten befestigten "Burgen" mit deutlich erkennbaren Palisaden, Gräben und Wällen. Die jungsteinzeitliche (!) "Hammeburg" am nördlichen Elbufer ist dafür ein norddeutsches Beispiel. "Hamme" ist ein alter Begriff für eine leichte, trockene Erhebung in einer feuchten Niederung. Die Burg und spätere Siedlung auf dieser Hamme heißt heute noch "Hamburg".

Darstellungsversuch des indoeuropäischen Sprachen-Stammbaumes (ohne Anspruch auf die einzig wahre Wahrheit !).
Die Sprach-Wissenschaftler veröffentlichen dazu fast täglich frische Meinungen.

 

. . . . . . . Die "imponierenden" Indoeuropäer besetzten mit ihren Viehherden vermutlich vorerst einmal das "freie Land", dürften sich aber alsbald mit den Frauen unterlegener, deprimierter Ackerbauern vergnügt haben. Das so entstehende "neue Volk" übernahm dann im Verlauf mehrerer Generationen ganz pragmatisch das Nützlichste von beiden Elternteilen, vor allem aber Sprache und religiöse Vorstellungen der "siegreichen" indoeuropäischen Väter. Heutige "religiöse Altertumsforscher" sind mit ihren Theorien bezüglich der "indoeuropäischen Ur-Religion" wegen der deutschen "Adolf-Pleite" von 1945 zwar immer noch ziemlich zurückhaltend, aber selbst arglosen Hobby-Forschern fallen bemerkenswerte Ähnlichkeiten diverser alter (!) Götter diverser indoeuropäischer Völker auf. Es gibt heute u.a. auch die Meinung, dass der germanische "Thiu", der griechische Zeus, der keltische "Teutates" und der römische Deus (meistens Jupiter genannt – was soviel wie "Deusvater" heißen soll) einen gemeinsamen "Ur-Gott" aus dem indoeuropäischen Ursprungsgebiet verkörpern. Ganz mutige "Theoretiker" behaupten sogar, dass es sich bei ihm schlicht um einen "indoeuropäischen Stamm-Vater" handelt – das ist zwar reine Spekulation, aber wozu haben wir Tüüner schließlich ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Möglicherweise sind wir Tüünstedter zumindest teilweise immer noch "ein Rest von Thius Volk"?
. . . . . . . Wie auch immer, so ungefähr um 200 bis 100 v.Null (tatsächlich wohl ein Prozess, der mehrere Generationen brauchte) gab es bei den Frühgermanen eine sogenannte Lautverschiebung, aus der drei große germanische Sprachgruppen hervorgingen: das Westgermanisch, das Nordgermanisch und das Ostgermanisch. Belegt wird diese Lautverschiebung u.a. durch schriftlich überlieferte Namen der Römer für "germanische" Stämme. Markante Beispiele sind die Cimbern (wie K gesprochen), später Chimbern, heute noch in Nordjütland in Himmerland ansässig. Oder die Chatten, aus denen die Hessen wurden. Weitgehend einig sind sich die heutigen "Germanisten" mittlerweile, dass die "westgermanische Sprache" sich vor allem im Thüringer Becken weiterentwickelte und von dort aus Richtung Ostsee und Nordsee verbreitete. Einige Jahre später (ca. 600 bis 900 n.Null) wird das Westgermanische in der zweiten germanischen Lautverschiebung nochmal geteilt.
Unser Tüünstedter Platt (Tüünsch) wird heute dem aus dem Nordseegermanisch entstandenen Niederdeutsch zugerechnet. Jener Sprache der echten (!) Saxen, in der sich bis vor kurzem auch noch die Dithmarscher, die Holsteiner, die Stormarner, einige Nordwest-Mecklenburger und auch ein paar anständige Niedersachsen südlich der Elbe unterhielten. Aber auch der mehr oder weniger gebildete, moderne Tüünstedter spricht heutzutage mehr und mehr "Hochtüünsch", das oft mit "Barmbeksch" verwechselt wird, einem regionalen Hamburger Dialekt. Typisch dafür ist allgemeines Nuscheln sowie das gedehnte, näselnde "A". Leicht zu erkennen ist der konservative Tüünstedter auch an seinem "Ik", während der moderne Tüünstedter "Ich" sagt. Sagt jemand stattdessen "Isch", wissen eingeborene Tüüner und Kontinentaldeutsche sofort, dass es sich bei ihr oder ihm "konkret nisch" um eingeborene Kontinentaldeutsche handelt.



Woher kommt der Name "Germanen" ?
. . . . . . . Germanen (lat. Germani) nennen die antiken Volkskundler (Ethnographen) seit Poseidonios von Apameia (griech. Philosoph und Historiker, 2/1. Jhdt. v.Null) die nordöstlichen Nachbarn der Kelten. Cäsar hat in seinem Werk "Der Gallische Krieg" den Namen "Germanen" zuerst in größerem Umfang benutzt. Als Tacitus 90 n.Null seine "Germania" schrieb, war der Name in Rom bereits fest "eingebürgert". Nach Tacitus soll der Name von jenem Stamm, der zuerst den Rhein überschritt, auf alle rechtsrheinischen Völkerschaften übertragen worden sein. Doch gerade die lateinischen Quellen machen alles sehr kompliziert.
. . . . . . . Cäsar und Tacitus sagen, die Belger und die Treverer stammten von den Germanen ab; nun meint Cäsar aber mit Germanen ganz sicher jene Völker, die rechts des Rheines lebten. Aber was meinten die Belger und die Treverer, die sich selbst offenbar Germanen nannten? Keine andere Gruppe, weder Sweben noch Chatten noch Cherusker, hat sich je so bezeichnet, nur jene beiden Stämme die links des Rheines wohnten. Somit stellen jene linksrheinischen Germanen, deren Name auf alle Stämme rechts des Rheines übertragen wurde, die Forschung vor ein Rätsel. Weitere Spekulationen um den Begriff Germanen ergeben sich aus dem Wortstamm: "Germen" bedeutet Leibesfrucht, im Sinne von Sprössling und Keim. "Ger" bedeutet Speer. "Germanus" bezeichnet man die Menschen, welche dieselben Eltern haben, also nicht etwa durch Adoption Bruder oder Schwester sind. Daher dann die übertragene Bedeutung wahr, echt, wirklich = brüderlich. Eine Vermutung die auf Germani = Brüder, eventuell auf "Kult-Bruderschaften" schließen lässt.
. . . . . . . Aber schlüssig bewiesen ist bis heute keine der verschiedenen Theorien. Wahrscheinlivh wird wohl der Begriff "Germanen" nie eindeutig geklärt werden.



Auf nach Süden
. . . . . . . Noch nicht gleich. Erstmal fuhr 325 v.Null ein neugieriger Grieche – Pytheas – per Schiff entlang der europäischen Westküste nach Norden und veröffentlichte nach seiner Rückkehr einen Reisebericht in den wissenschaftlichen Gazetten seiner kolonialgriechischen Heimatstadt Massilia. Außer einigen Kapitänen (die sich wahrscheinlich für seine nautischen Angaben interessierten) und einigen Studenten, die ihn dann später fleißig zitierten, scheint sich aber niemand besonders für Pytheas Reisebericht interessiert zu haben.
. . . . . . . In den geschichtlichen Blickpunkt traten die Nordgermanen zu Beginn der "allerersten germanischen Völkerwanderung" um etwa 113 v.Null. Möglicherweise nach schweren Sturmfluten mit erheblichen Landverlusten und einer folgenden Hungersnot verließen die meisten Cimbern ihre Heimat in Nordjütland, wo die Landschaft heute noch "Himbersyssel", "Himmerland" (Himber = Cimber) heißt. Zusammen mit den Teutonen, die vermutlich aus dem Gebiet "Thythesyssel"kamen – also auch aus Jütland – zogen sie durch das heutige Schleswig-Holstein an der Elbe entlang ab nach Südosten, wanderten im Zickzack durch Mitteleuropa und erschienen 113 v.Null an der Nordgrenze des römischen Reiches. Nach anfänglichen kriegerischen Erfolgen wurden die Cimbern und Teutonen später von den Römern 102 v.Null bei Aquae Sextiae und 101 v.Null bei Vercellae vernichtend geschlagen. Einige wenige Überlebende scheinen sich danach in ihre nasse und kalte Heimat zurückgezogen zu haben, wie ein paar Goldfunde belegen.





Vorsicht Jungs – die Römer kommen !
. . . . . . . Was haben denn nun die alten Tüünstedter mit dem Freiheitskampf der alten Germanen gegen die Römer zu tun? Abwarten!
Zunächst sind mal die Römer an der Reihe, vor allem :

. . . . . . . GAJUS JULIUS CÄSAR, der es während seiner "Aktivitäten" in Gallien auch schon mal "probeweise" mit rechtsrheinischen Germanen zu tun bekam. Zumindest nannte er diese Leute Germanen. Cäsar hat über seine Erfahrungen mit den von ihm als "Germanen" bezeichneten Völkern ziemlich ausführlich in seinem selbstverfassten Ptopagandatext "BELLUM GALLICUM" geschrieben. Er fand sich einfach toll. Seine Völkermörder-Mentalität kam allerdings sogar bei einigen seiner römischen Senatskollegen nicht besonders gut an. Es wurden sogar (geheuchelte?) moralische Bedenken geäußert, obwohl die Römer im Umgang mit Sklaven und Feinden sonst ja eigentlich nicht besonders zimperlich waren. Cäsar hat sich versuchsweise auch schon mal auf rechtsrheinisches Gebiet getraut, dazu Brücken gebaut und vor den Augen de Sigambrer deutlich mit der Kampfpotenz der römischen Armee geprotzt, aber vorsichtshalber dann doch noch keine dauerhafte Besetzung "Germaniens" in Angriff genommen. Er hatte anderes zu tun.

. . . . . . . Um 16 v.Null gab es bereits römische Kastelle bei Basel, Zürich und Oberwinterthur in der heutigen Schweiz sowie Stützpunkte in Xanten, Neuss, Bonn und vermutlich auch schon in Nijmegen. In diesem Jahr fielen die Sigambrer sowie ihre Verbündeten (Usipeter und Brukterer ) in die westlich des Rheins gelegenen Gebiete ein und vernichteten die 5. Legion der Rheinarmee unter Marcus Lollius.

. . . . . . . NERO CLAUDIUS DRUSUS (* 14. Januar 38 v. Null, Ý 14. September 9 v. Null), auch der "ältere Drusus" (lateinisch: Drusus maior) oder nur Drusus genannt, Stiefsohn des Kaiser Augustus, war römischer Politiker und Heerführer. Er war ein Sohn der Livia, der Frau des Augustus, aus ihrer ersten Ehe mit Tiberius Claudius Nero. Sein älterer Bruder war der spätere Kaiser Tiberius. Drusus war verheiratet mit Antonia Minor, einer Tochter von Marcus Antonius und Augustus' Schwester Octavia. Seine Kinder waren Germanicus, Livilla und der künftige Kaiser Claudius.
. . . . . . . Drusus wuchs im Haus des Augustus auf und begann wie sein Bruder Tiberius schon in jungen Jahren eine politische und militärische Karriere. Im Jahr 15 v.Null führten die beiden Brüder einen Feldzug durch Raetia, das daraufhin römische Provinz wurde. Ab 13 v.Null war Drusus Statthalter der drei gallischen Provinzen.
. . . . . . . Vor allem aber bereitete Drusus einen Eroberungs-Feldzug gegen die germanischen Stämme jenseits des Rheins vor, den er mit einer Erkundungsflotte entlang der Nordseeküste begann. Drusus bekämpfte die Sigambrer und weitere Stämme im Bereich der Lippe. Er legte dort zwei befestigte Lager an, von denen eines vermutlich mit dem archäologisch erforschten Legionslager von Bergkamen-Oberaden zu identifizieren ist. Auch am Rhein errichtete Drusus zahlreiche Lager, die quasi die Gründungsorte heutiger Städte waren: Nijmegen, Neuss, Bonn, Mainz. Von Mainz aus bekämpfte Drusus die Chatten. Er kehrte zeitweilig nach Rom zurück, wo er 9 v.Null das Consulat übernahm. Auch als Consul setzte er die Feldzüge in Germanien fort. Dafür ließ er einen Kanal vom Rhein zur damaligen Zuidersee anlegen, die "fossa Drusiana" – eine bemerkenswerte Leistung – und erreichte mit einer kombinierten Flotten- und Heeres-Aktion die Elbe (!), wo ihn angeblich (laut Cassius Dio) die Weissagung einer riesenhaften Frau vom weiteren Vorrücken abbrachte. Auf dem Rückmarsch brach sich Drusus beim Sturz vom Pferd ein Bein und starb an den Folgen. Tiberius brachte die Leiche seines Bruders nach Rom. Der tote Drusus wurde mit zahlreichen Ehrungen versehen, unter anderem mit Leichenreden von Augustus und Tiberius, Lobdichtungen und Monumenten. Der "Eigelstein" in Mainz könnte der Überrest eines Kenotaphs für Drusus sein. Der ihm postum verliehene Ehrenname Germanicus vererbte sich auf seine Söhne Germanicus und Claudius.
. . . . . . . Drusus war der erste römische Heerführer, der weit in germanisches Land vordrang. Für die sicherlich weitgehend unvorbereiteten Germanen muss dieser mächtige, beutegierige Heerwurm unglaublich beeindruckend gewesen sein, bestanden doch die Heerhaufen ihrer lokalen Stammesfürsten zumeist nur aus wenigen hundert Kämpfern. Eine echte Forschungsaufgabe für norddeutsche Forscher: traf sich Drusus Heer tatsächlich bereits 9 v.Null mit einer römischen Flotte an der Elbe? Und wenn ja, wo? An der unteren Elbe zwischen der Mündung und dem Flussdelta bei Hamburg? Weiter rauf bei den Artlenburger oder Lauenburger Elbübergängen der Salzstraße? An der mittleren Elbe bei den Elbübergängen des Osthandels-Fernweges im Bereich Magdeburg? Oder liegt hier vielleicht eine Verwechslung mit Tiberius Feldzug von 5 n.Null vor?

. . . . . . . Die einzelnen Feldzüge des Drusus gegen die Germanen (12 bis 8 v.Null): Der Beginn der Germanen- Feldzüge zur Zeit des Kaisers Augustus war zunächst auf einzelne, räumlich eng begrenzte Konflikte beschränkt, aus denen sich dann allmählich eine Folge schwerer Auseinandersetzungen entwickelte. Der erste der Drusus-Feldzüge diente nur zur "Erkundung und Beruhigung" des Nordabschnitts der Grenze. Schließlich erweiterte Drusus den Operationsraum der Römer beträchtlich und errichtete im Jahre 11 v.Null sogar aufwändig befestigte Standlager im Lippegebiet bei Oberaden und in der Wetterau bei Rödgen. Oberaden erfüllte eine Kontrollfunktion gegenüber den Sigambrern, Marsern und Brukterern. Rödgen und weitere Lager sicherten die Nachschub-Wege zu den Chatten. Die geographische Erkundung, die militärische Durchdringung und die militärlogistische Strukturierung Germaniens gingen Hand in Hand.

. . . . . . . 12 v.Null In diesem Jahr begann Drusus mit der systematischen römischen Invasion ins germanische Land. Ausgangspunkte für Drusus Legionen waren die Lager bei Mainz, Neuss, Vetera (Xanten) und Nijmegen. Das Lager in Mainz befand sich gegenüber der Mainmündung, das in Xanten gegenüber der Lippe. Diese beiden schiffbaren Flüsse boten sich an als römische Nachschublinie in das germanische Land hinein. Nijmegen war Ausgangspunkt für "Besuche" bei den Batavern und zur Sicherung der wichtigen Verbindung zur "friesischen" Nordsee-Küste.
. . . . . . . Die Sigambrer und ihre Bundesgenossen (die Usipeter, Brukterer und Marser) rüsteten im Frühjahr 12 v.Null zum Kampf gegen die Römer. Drusus kam einem erfolgreichen Feldzug der Stämme allerdings zuvor. Er lud ihre Häuptlinge, angeblich wegen eines Festes, zu sich ein und trickste die naiven Germanen aus (die sich auf sein Ehrenwort als Gastgeber verließen), indem er für seinen Schlag gerade den Augenblick abpasste, wo sie über den Rhein gingen. Danach setzte er selbst über den Rhein und rückte in das Land der Usipeter ein. Von dort unternahm er noch einen Zug in das Gebiet der Sigambrer und verheerte dort alles, was ihm in den Weg kam. Für die Germanen, denen (meistens) zumindest das Gastrecht heilig war, bedeutete Drusus Vorgehensweise einen nicht zu verzeihenden Wortbruch und Ehrverlust. Spätestens von nun an trieben Hass und Rache die auch nicht gerade zimperlichen Germanen an.
. . . . . . . Danach fuhr er mit einer Flotte den Rhein hinunter bis ans Meer und gewann die Friesen als Verbündete. Als er von See aus in das Land der Chauken (Elbe / Weser-Gebiet) vordrang, kam er jedoch in große Gefahr, da seine Schiffe im Wattenmeer bei Ebbe trocken fielen, ein Umstand, mit dem die römischen Seemänner immer wieder Probleme hatten. Von den Friesen aus dieser Notlage gerettet (die als Fußmannschaft (?) den Feldzug mitmachten) kehrte er um, da der Winter heraufzog, Drusus begab sich anschließend über den Winter nach Rom in seine sicher gut geheizte Villa.

. . . . . . . 11 v.Null Mit dem Anfang des Frühlings jedoch brach Drusus wieder zum Krieg auf, ging (bei Xanten?) über den Rhein und unterwarf erneut die Usipeter. Nachdem er über die Lippe eine Brücke geschlagen hatte, fiel er auch wieder in das Land der Sigambrer ein, durchzog es und marschierte – vermutlich auf dem bekannten Hellweg – in das Land der Cherusker und bis an die Weser. Auch die Weser würde er wohl noch überquert haben, hätten seine Legionen nicht bereits Nachschubprobleme gehabt. Außerdem stand schon wieder der Winter vor der Tür. Da die kräftigsten Stämme, Cherusker, Sigambrer und sogar die entfernten Sueven (vom Mittellauf der Elbe ?) jetzt gemeinsam gegen ihn den Kampf eröffneten, griff er diese gleichzeitig an (?). Diese Stämme waren von so zuversichtlicher Hoffnung auf den Sieg, dass sie schon im Voraus in einem Vertrag die Beute unter sich aufgeteilt hatten: die Cherusker wollten die Pferde, die Sueven Gold und Silber, die Sigambrer die Gefangenen. Doch daraus wurde nichts, denn Drusus siegte (wo war diese Schlacht?). Pferde, Vieh, Halsketten und gefangene Germanen verteilte er an seine Legionäre bzw. verkaufte sie nach Rom.
. . . . . . . Als Drusus sich endlich zurückziehen wollte, geriet er allerdings in zumindest eine ernsthaft gefährliche Lage: Im Eggegebirge bei Arbalo (?) wurde Drusus von den Cheruskern unter der Führung von Sigimer, dem Vater des Arminius angegriffen. Drusus konnte sich freikämpfen, obwohl sein Heer fast aufgerieben wurde. Arminius muss hier bereits als siebenjähriger Junge von der Feindschaft seines Vaters mit den Römern und der "großen Schlacht von Arbalo" gehört haben. Hier wurden vermutlich bereits die ersten Feindbilder des Knaben für die späteren Kämpfe gegen die Römer gebildet. Sinnvoll (römisch) geführt hätten die Cherusker die Legionen vielleicht sogar ganz vernichten können (laut Cassios Kommentar), weil sie sich aber "echt germanisch" völlig planlos auf die sich diszipliniert zurückziehenden Römer stürzten, wurden sie zurückgeschlagen "und es verging ihnen für dieses Mal die Angriffslust".
. . . . . . . Drusus legte zur Sicherung der Provinzen viele Schanzen und befestigte Plätze an, darunter auch "Marine-Stützpunkte" an der Maas, an der unteren Weser (?) und angeblich sogar an der Elbe (??? ganz mutige Spekulationen reden sogar von Magdeburg als römischem Lager an der Elbe ???). Allein am Rheinufer entlang errichtete er mehr als fünfzig Kastelle und eines legte er am Zusammenfluss von Lippe und Eliso an (Aliso); auch verband er Bonn und Geusen durch Brücken und verlegte zur Sicherung eine Flotte dorthin.

. . . . . . . 10 v.Null Ziel der römischen Angriffe unter Drusus im Jahre 10 v.Null waren diesmal neben den Sigambrern auch die Chatten. In diesem Jahr ließ Drusus außerdem einen Kanal anlegen (fossa drusiana), der den Niederrhein über den Flevo-See mit der Zuidersee und weiter mit der Nordsee verband. Dadurch wurde der Weg für die Flotte von den römischen Stützpunkten am Rhein zu den Flussmündungen der Ems, der Weser und der Elbe erheblich verkürzt.

. . . . . . . 9. v.Null Drusus fiel diesmal zuerst von Mainz aus in das Land der Chatten ein. Jene Gegenden die er betrat, unterwarf er zwar, aber nur unter beträchtlichen Anstrengungen und in beiderseitig blutigen Kämpfen. Von den Chatten aus wandte er sich zu den Cheruskern, ging über die Weser und drang, alles am Wege liegende zerstörend, in schnellem Zuge bis an die Elbe vor (wo dort? – vielleicht Magdeburg oder die Saale-Mündung?). Auch die Elbe versuchte er zu überschreiten, vermochte es jedoch nicht, sondern kehrte um, nachdem er Denkzeichen aufgerichtet hatte. Irgendwo in dieser Gegend trat ihm (laut Cassius Dio) eine Frau von übermenschlicher Größe entgegen und sprach: "Wohin willst du, unersättlicher Drusus? Das Geschick hat dir nicht bestimmt, all dies zu schauen. Ziehe hinfort, denn deiner Taten und deines Lebens Ende ist nahe." Eine hübsche Geschichte, falls sie wahr ist - Cassius Dio gilt heutzutage als ziemlich "phantasievoller" Schreiber.
. . . . . . . Wir können wohl davon ausgehen, dass Drusus und die meisten seiner Legionäre etwa 155 bis 165 Zentimeter groß waren. Eine möglicherweise ungewöhnlich groß geratene, durchtrainierte und unerschrockene Elbgermanin von vielleicht 190 bis 200 cm Größe (vielleicht sogar von krankhaftem Riesenwuchs über 2 Meter?) muss Drusus vermutlich für eine Warnung seiner eigenen Götter gehalten haben. Drusus glaubte jedenfalls dieser Prophezeiung, wechselte schleunigst die Marschrichtung und zog nach Westen ins Land der Cherusker (?). Auf dem Weg fiel er vom Pferd und brach sich ein Bein. Er starb nach dreißig Tagen an den Folgen im Sommerlager (castra scelerata - das verfluchte Lager). Sein Bruder Tiberius, der an sein Sterbebett geeilt war, übernahm an Ort und Stelle das Kommando über die Truppen., bevor die noch an den Rhein gelangten. Die Ortsangaben dieses Feldzuges geben aber allerlei Rätsel auf !
. . . . . . . Tiberius, erfuhr (angeblich) in Rom (?) vom Unfall seines Bruders und eilte (angeblich) in einem Parforceritt über die Alpen und das Rheintal nach Norden (der erwähnte Zeitraum von 30 Tagen scheint arg kurz zu sein für eine per Reiter überbrachte Nachricht und den anschließenden Ritt nach Norden). Er fand Drusus (angeblich) noch lebend vor und geleitete später (tatsächlich) Drusus Leiche nach Rom. Drusus und seinem Sohn "Nero Claudius" ward der Name "Germanicus" verliehen; geehrt wurde er durch Statuen, einen Triumphbogen und ein Denkmal am Ufer des Rheins.

. . . . . . . 8 v.Null Mit dem Feldzug des Tiberius im Jahre 8 v.Null begann die Auflösung der Sigambrer als eigenständiger Stamm. Die Verluste der letzten Jahre waren wohl einfach zu hoch. So war es Tiberius möglich, etliche Sigambrer auf das linke Rheinufer umzusiedeln, wo sie fortan unter Kontrolle waren. Die restlichen Stammesangehörigen schlossen sich den Chatten an und dürften einen Riesenhass auf die Römer mitgebracht haben.

. . . . . . . 7 v.Null Tiberius führt verschiedene Feldzüge in Germanien durch. Was sich in den Jahren 6 v.Null bis 1 n.Null nach dem Rückzug des Tiberius vom Oberkommando im rechtrheinischen Germanien abspielte, ist weitgehend unbekannt. Wahrscheinlich wurden weitere Vorstöße in germanisches Gebiet aus dem Donauraum vorgenommen.

. . . . . . . 1 n.Null L. Domitius Ahenobarbus führt einen Feldzug bis zur Elbe, bei dem er angeblich auch die Elbe überschritt (wo?) und mit einigen rechtselbischen Stämmen Verträge schloss (interessant für Rom können eigentlich nur die Semnonen im Elbe-Havel-Gebiet gewesen sein). Sein Rückweg führte ihn durch das Land der Cherusker. Dort mischte er sich massiv in Stammesangelegenheiten ein, so dass die erbosten Cherusker die mit Tiberius geschlossenen Verträge wahrscheinlich aufkündigten. Auf seinem weiteren Rückmarsch zum Rhein legte Ahenobarbus die berühmten "pontes longi" an, einen Knüppeldamm durch ein Sumpfgebiet. Die "pontes longi" spielen später nochmal eine bedeutende Rolle – wo also ist / war dieses Sumpfgebiet und warum wollten oder mussten die Römer unbedingt diesen Weg nehmen und nicht einen trockenen, wenn auch vermutlich längeren um das Sumpfgebiet herum ?

. . . . . . . 4 n.Null Tiberius übernahm wieder das Oberkommando in Germanien und führte sogleich einen Feldzug durch, wobei er diesmal die Chattuarier unterwarf.

. . . . . . . 5 n.Null fand offensichtlich ein groß angelegter Feldzug statt. Mit den Chauken im Elbe/Weser-Gebiet schloss Tiberius in diesem Jahr Verträge. Die römische Rhein-Flotte scheint in diesem Jahr an der Küste entlang bis nach Skagen gekommen zu sein. So sollen die römischen "Marines" am nördlichsten Punkt dieser Reise auf Reste der Cimbern gestoßen sein. Sie haben dann vermutlich an der Küste noch ein bisschen "rumgeraubt", denn laut V. Paterculus hatte die Flotte bei ihrem Eintreffen in der Elbe bereits "beträchtliche Schätze aller Art" an Bord. Außerdem scheint diese Flotte des Jahres 5 n.Null auch mal heil an den Rhein zurückgekommen sein. Zumindest gibt es keine Verlustberichte. Spekulationen, dass die Flotte elbaufwärts sogar bis Magdeburg gekommen sei, dürften aber wohl eher auf lokales Wunschdenken zurückzuführen sein. Wahrscheinlicher ist ein Endpunkt an der unteren Elbe, z.B. bei Stade, Buxtehude oder Harburg. Das war nämlich bereits Langobarden-Gebiet und diese Gegend war für die "normalen" Legionäre von Nienburg oder Verden aus relativ zügig und fast trockenen Fußes zu erreichen. Der an diesem Feldzug teilnehmende römische Reitergeneral Velleius Paterculus berichtet von einem Kampf gegen die Langobarden, die sich anschließend auf das Ostufer der Elbe (?) geflüchtet hätten sowie von einem einzelnen, älteren germanischen Führer, der sich Tiberius direkt und persönlich angeschaut hat. Dieser Bericht wirft allerlei Fragen nach der Marschroute des Heeres auf, sowie nach der Bauart der römischen Schiffe und ihrer Seetüchtigkeit auf der Nordsee und auf den Unterläufen von Weser und Elbe. Die uns heute bekannten Schiffstypen der römischen Rheinflotte waren für die offene See eigentlich eher ungeeignet.
. . . . . . . V.Paterculus berichtet auch stolz von einem 400-Meilen-Marsch (600km). Das ist eigentlich aber keine sonderlich bemerkenswerte Leistung für ein römisches Heer. Warum also diese Begeisterung? Irgendetwas stimmt an der ganzen Lobhudelei nicht. Ging es vielleicht nur um den Etat für's nächste Jahr?

. . . . . . . Durch die Wälder, durch die Auen . . . An dieser Stelle muss einmal das germanische Wege-Netz erwähnt werden. Es hat damals bereits einen sehr alten, allgemein bekannten und sicher intensiv genutzten Haupthandelsweg vom unteren Rhein entlang der Lippe zur Weser und weiter Richtung Elbe und Ostsee gegeben (in Westfalen noch heute als "Hellweg" bekannt, weiter östlich als "Hohe Straße").
. . . . . . . Ähnliche "Hauptverkehrswege" dürfte es auch in den anderen germanischen Gebieten gegeben haben, wie zum Beispiel einen Weg aus dem Wiesbadener Gebiet in das Land der Chatten, von dort einen Weg Richtung Fulda und Weser sowie einen Weg Richtung Saale und Elbe. Desweiteren Wege von der unteren Weser zur unteren Elbe und nicht zuletzt den West-Ost-Weg aus dem Emsland, nördlich der Mittelgebirge über die Weser und das Hildesheimer Gebiet zur mittleren Elbe bei Magdeburg und dann immer weiter nach Osten, An Kreuzungen dieser Wege hat es sicher auch "bedeutende" germanische Siedlungen gegeben. Drusus und Tiberius Legionen haben sich also keineswegs ständig mit dem Gladius einen Pfad durch weglose Urwälder bahnen müssen (auch wenn das hessische Bergland sogar noch heute dem Reisenden allerlei Schwierigkeiten bereitet). Die römischen Offiziere wussten durchaus, wo sie gerade waren und auf welchem Weg sie zu ihrem Ziel gelangen konnten. Außerdem hatten sie garantiert ortskundige, germanische "Pfadfinder" verpflichtet.
. . . . . . . Interessant für heutige Forscher dürften auch die damaligen Ost-West-Verbindungswege sein. Die römischen Berichte sprechen ja von mehreren (vermutlich recht schnellen) Märschen römischer Legionen zwischen den Gebieten der Chatten, Cherusker und Sigambrer und sogar bis an die Elbgrenze der rechtselbischen Semnonen (wohnhaft im Havel-Gebiet, mit einem seit der Bronzezeit intensiv besiedelten Kern bei Potsdam). Von der Wetterau an die Weser zu Fuß – das ist schon eine beachtliche Wanderung. Und vom Rhein über die Mittelweser bis zur mittleren Elbe – das ist sogar heute mit dem Auto noch eine "längere Fahrt". Besonders die Erforschung des genauen Verlaufes dieses Ost-West-Weges dürfte für die "Römer + Germanen-Forschung" noch einige Überraschungen bieten.
. . . . . . . Schaut man sich heute den Verlauf unserer "etwas älteren" Straßen an und der bekannt alten Siedlungen nördlich der Mittelgebirgslinie, so reizt schon die Frage, wo denn wohl der alte Drusus zwischen Minden und Magdeburg übernachtet haben könnte – und sein Sohn Germanicus einige Jahre später. Ist das heutige Dorf Segeste vielleicht der heimatliche Bauernhof von Thusnelda und ihrem Vater Segestes? Hat wirklich in Hildesheim ein reicher römischer Legions-Offizier ganz hastig seine silbernen Obstschalen verbuddelt oder sind das von einem Germanen-Krieger eroberte Beutestücke (Untersuchungen aus dem Jahr 2005 weisen auf eine Herstellung vor ziemlich genau 2000 Jahren hin)? Wo ist denn nun der Legionsadler der 17. Legion verblieben? Versenkt im Dümmer, oder im Steinhuder Meer oder im heiligen See der Hermunduren? Oder eingeschmolzen von den Goldschmuck so sehr liebenden Langobarden aus Bardowick? Wo war dein heimatlicher Hof, Arminius, und wie war dein cheruskischer Name? Irmin oder vielleicht doch Sigifrid – wenn schon dein Vater Sigimer hieß ?

. . . . . . . 6 n.Null Nachdem die Römer nun mit den meisten germanischen Stämmen zwischen Rhein und Elbe Verträge geschlossen hatten (oder sie schlicht besiegt haben, um ihnen anschließend ihre Friedensbedingungen zu diktieren!), sollte der zivile Aufbau der neuen Provinz Germanien beginnen. Die Römer richteten kaiserliche Domänen (saltii) ein, bauten Strassen, eröffneten Märkte und legten Kastelle an. Ebenso begannen sie mit der Errichtung von richtigen römischen Städten (Waldgirmes).
. . . . . . . Tiberius führte in diesem Jahr erstmal einen kleineren Feldzug in Germanien durch (wo und gegen wen?) und zog anschließend gegen die Markomannen. Das aufblühende markomannische Königreich in Böhmen unter Marbod empfand Rom als latente Bedrohung. 12 Legionen waren in je zwei Armeen zu jeweils 6 Legionen (eine von Germanien aus unter Sentius Saturninus und die zweite aus Noricum unter Tiberius selbst) auf dem Weg zu den Markomannen. Als Tiberius noch ca. 5 Tagesmärsche entfernt war von jenem Platz, wo Marbod 75.000 (!) markomannische Krieger zusammengezogen hatte, erhielt er die Nachricht von schweren Unruhen in Pannonien und Dalmatien. Umgehend schloss er mit Marbod einen "Friedensvertrag" und zog mit seinen Legionen donauabwärts.

. . . . . . . 7 n.Null schickte Kaiser Augustus den römischen Beamten Publius Quintilius Varus als neuen Statthalter nach Germanien. Dieser hatte vor allem seit dem Krieg in Pannonien dafür zu sorgen, dass die von den Germanen verlangten Steuern und die von den römischen Legionen in Pannonien dringend benötigten Getreidelieferungen trotz Missernten und anderer widriger Umstände pünktlich geliefert würden. Dies und die Tatsache, dass der römische Einfluss in Germanien durch Handel und erste Ansiedlungen (vielleicht sogar im Bau befindliche Städte) immer stärker wurde, sowie sein eigenes "Persönlichkeitsbild" machten es Varus nicht gerade leicht. Der Unmut unter den germanischen Stämmen wuchs stetig.

. . . . . . . 9 n.Null 18 Jahre nach Drusus verlor Rom unter Quintilus Varus drei vollständige Legionen samt Tross in der sogenannten "Schlacht im Teutoburger Wald" gegen den Cheruskerfürsten "Arminius"
. . . . . . . Varus befand sich im Juli des Jahres 9 n.Null. mit seinem gesamten Heer (5 Legionen – die 14., 17., 18., 19., und 21.) und dem üblichen Gefolge in einem Sommerlager an der Weser nahe am Gebiet der Cherusker (deren Fürsten Arminius, Sigimer und Segestes sich in seinem Gefolge befanden). Dort erreichte ihn eine Nachricht über einen Aufstand von entfernter befindlichen Stämmen, die bereits in ihrem Gebiet stationierte Römer getötet haben sollten. Das veranlasste ihn, unverzüglich einen Feldzug gegen diese aufständischen Stämme zu führen. Am Vorabend des Abmarsches gab Varus noch ein Gastmahl und er wurde dabei durch Segestes gewarnt, dass Arminius und Sigimer eine Verschwörung gegen ihn planten, aber er schenkte Segestes (zumindest dem Anschein nach) keinen Glauben. Zwischen Varus und seinem Neffen Asprenas kam es daraufhin zu einem Disput, so dass Varus Asprenas mit der 14. und 21. Legion zurück an den Rhein ziehen lässt. Mit Asprenas Truppen ziehen auch die Frauen und Kinder ab. Zudem transportiert er einen erheblichen Teil des Eigentums der Offiziere und Soldaten zurück an den Rhein. Um den Wegfall dieser zwei Legionen zu kompensieren und gleichzeitig die vermeintlichen Aufrührer zu schwächen, bittet Varus die in seinem Sommerlager anwesenden Stammesfürsten um Hilfstruppen, die ihm diese gewähren. Dass sie nie kommen würden, ahnte Varus zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
. . . . . . . Die Varusschlacht 9 n.Null. Über diese Schlacht ist schon viel geschrieben worden und es gibt viele Thesen, wo sie wohl stattgefunden haben könnte. Auch derzeit (2007 n.Null) ist der Ort der Varus-Schlacht immer noch umstritten, obwohl mit der Örtlichkeit "Kalkriese" zumindest ein Schlachtfeld mit erheblichen "römischen Kampfspuren" gefunden wurde. Absolut schlüssige Beweise sind das aber immer noch nicht ! Zeitpunkt dieses Marsches soll September gewesen sein – obwohl: die Nachricht von der Niederlage des Varus traf angeblich fünf Tage nach Beendigung des Pannonischen Krieges in Rom ein – am 8. August des Jahres 9 n.Null. Demnach müsste Varus Mitte Juli in sein Unglück marschiert sein. Da stimmt was nicht !
. . . . . . . Varus zog von seinem Sommerlager aus los mit den Legionen 17, 18 und 19, verstärkt durch 6 Legionskohorten und 3 Alae (Reiterschwadronen) aus den Reihen der 14. oder 21. Legion (wo dieses Sommerlager war, ist auch noch nicht geklärt – seine Lage ist aber entscheidend für eine Bestimmung der anschließenden Marschroute und des konkreten Ortes der Varus-Schlacht. Oft vermutet als Ort des Sommerlagers wird Minden wegen seiner Funktion als bedeutender Weser-Übergang, aber auch der Weserübergang bei Höxter käme in Frage). Varus Begleiter zu Beginn des Marsches waren jene germanischen Fürsten, die ihm am Vorabend noch Hilfstruppen zugesagt hatten. Kurz darauf trennten sie sich von ihm, angeblich um die Hilfstruppen zu mobilisieren und sich dann mit den Römern an einem vorbestimmten Ort wieder zu treffen.
. . . . . . . Varus Heer wurde von seinen germanischen (!) Pfadfindern auf den Weg durch das "Große Bruch" geführt, einem ausgedehnten Sumpfgebiet (diese Angabe passt zum möglichen "Endkampfgebiet" am Kalkrieser Berg). In diesem Gelände waren "römische Kampftaktiken" schwer oder garnicht durchzuführen. Vom dritten zum vierten Tage machte das Varusheer sogar einen Nachtmarsch. Das Wetter war regnerisch, so dass die Legionäre nun von oben bis unten klatschnass wurden. Wie die endgültigen, laut Überlieferung der wenigen Überlebenden drei Tage und Nächte dauernden Überfälle genau abliefen, wurde nur ungenau berichtet. Die Römer wurden jedenfalls an für sie ungünstigsten Stellen von gut versteckten germanischen Kämpfern hinten und in den Flanken angegriffen und so in die Falle getrieben. Auch scheinen germanische Legionäre während des Kampfes die Seite gewechselt zu haben. Des Varus Heer erlitt auf diesem Feldzug katastrophale Verluste und nur noch wenige Legionäre konnte sich in das viele Meilen entfernte Lager Aliso an der Lippe retten (auch interessant: die überlebenden Römer mussten also gewusst haben, wo sie sich befinden und wie sie von dort zu einem ganz bestimmten Punkt an einem ganz bestimmten Fluss kommen. Und das ohne Karte und Kompass oder gar GPS). Varus stürzte sich zur Erhaltung seiner Ehre (und Vermeidung eines qualvollen Opfertodes) in sein eigenes Schwert. Seine verbliebenen Soldaten versuchten noch, ihn standesgemäß zu verbrennen, aber der Platz wurde noch vor dem Niederbrennen des Scheiterhaufen von den Germanen erstürmt. Dem halbverkohlten Leichnam des Varus wurde der Kopf abgeschlagen und an den Markomannen Marbod gesandt, der ihn weiterschickte nach Rom zu Kaiser Augustus.
. . . . . . . Nach Varus Tod hatte Ceionius den Oberbefehl. Dieser bot den Germanen zwar die Kapitulation an, das wird noch berichtet, aber die Germanen metzelten die Legionäre nun wie im Blutrausch nieder und opferten die römischen Offiziere in ihren heiligen Hainen zu Ehren ihrer Götter, darunter auch Ceionius. Alle drei Legions-Standarten gingen verloren, was bei den Römern als besondere Schande galt. Die Standarte der 19. Legion wurde zwar später von Germanicus bei den Brukterern gefunden, die der 18. Legion bei den Chatten in deren "Hauptort" Mattium, aber trotzdem wurden die 17., die 18. und die 19. Legion nie wieder aufgestellt.
. . . . . . . Die folgenden Jahre 10 bis 12 n.Null waren geprägt von der Reorganisation der Rheinfront durch Tiberius. 13 n.Null übernahm Germanicus, Sohn des Drusus und Neffe von Tiberius, den Oberbefehl über die römischen Truppen am Rhein. Er musste im folgenden Jahr nach dem Tod des Kaisers Augustus sogleich eine Meuterei ausgerechnet jener Legionen niederschlagen, die gerne ihn zum Kaiser ausgerufen hätten.

. . . . . . . NERO CLAUDIUS GERMANICUS (* 24. Mai 15 v.Null, Ý 10. Oktober 19 n.Null in Antiochia) war ein römischer Feldherr, bekannt durch seine Feldzüge in Germanien und als vorgesehener Thronfolger des Kaisers Tiberius (sein Onkel). Den Siegesbeinamen Germanicus hatte er von seinem Vater Drusus geerbt. Germanicus unterstützte Tiberius bei der Niederschlagung des pannonischen Aufstandes (im heutigen Ungarn) und bei der Sicherung der Rheingrenze nach der Varusschlacht. 13 n.Null übernahm er den Oberbefehl am Rhein.

. . . . . . . 14 n.Null Germanicus begann mit einem ersten, "kleineren" Einmarsch in das rechtsrheinische Germanien. Das Ergebnis war die fast (?) vollständige Vernichtung der Marser (am Oberlauf der Ruhr?). Diese wurden während einer Stammesfeier vom Angriff der Römer völlig überrascht. Sie konnten im Vollrausch kaum Widerstand leisten. Große Teile des Marserlandes wurden völlig verwüstet und es wurden selbst Frauen, Kinder und Greise getötet. Nach unseren heutigen Vorstellungen bezeichnen wir diese Vorgehensweise schlichtweg als vorsätzlichen Massenmord, obwohl moderne Militär-Politiker das vermutlich als "prophylaktischen Lateralschaden im Zuge einer umfassenden, zukunftsbezogenen Friedenskampagne" bezeichnen würden. Auf diesem Feldzug wurde u.a. das möglicherweise überregional bedeutende germanische "Tanfana-Heiligtum" zerstört, in den Augen der Germanen sicher ein noch größerer Frevel als die feige Ermordung von Frauen und Kindern eines "anderen" Clans.
. . . . . . . Der Rachezug der Nachbarstämme (frei nach Tacitus): "Es weckte diese Niederlage die Brukterer, Tubanier und Usipeter. Sie besetzten die Waldhöhen, durch die der Rückweg des Heeres führte. Das ward dem Feldherrn bekannt; er zog einher, zum Marschieren wie zum Fechten gerüstet. Ein Teil der Reiter und der Hilfskohorten führten an, dann die erste Legion; das Gepäck in der Mitte. Es schlossen den Zug links die 21., rechts die 5. Legion, die 20. deckte den Rücken; dann die übrigen Bundesgenossen. Doch die Feinde rührten sich nicht, bis der Zug sich weit zwischen den Waldhöhen hindehnte; dann griffen sie an den Seiten und vorn ohne großen Nachdruck, mit voller Kraft aber den Nachtrab an. Schon wurden durch die dichtgedrängten Scharen der Germanen die leichten Kohorten in Unordnung gebracht; da ritt Germanikus an die 21. Legion heran und rief mit lauter Stimme: Dies sei der ersehnte Augenblick, wo sie ihre Empörung vergessen machen könnten; sie möchten eilen, ihre Schuld in Ruhm zu verwandeln. Da entbrannte ihr Mut; mit einem Stoße brechen sie durch die Feinde, drängen sie auf einen freien Platz zurück und hauen ein. Zugleich gelangten die Truppen vorn im Zuge an das Ende der Waldung und befestigten ein Lager. Ruhig war von da an der Marsch; voll Selbstvertrauen bezogen die Soldaten die Winterquartiere."

. . . . . . . 15 n.Null erfolgte zuerst von Mainz aus ein kurzer Frühjahrs-Feldzug gegen die Chatten. Germanicus führte 4 Legionen gegen die Chatten, wobei er die Eder überschritt und die Volksfestung Mattium (möglicherweise beim heutigen Dorf Metze bei Fritzlar gelegen) zerstörte. Dabei gelang die Rückeroberung des Legionsadlers der 18. Legion. Anschließend folgte die Befreiung des von Arminius eingeschlossenen Segestes (auf Segestes Wohnsitz?) und Übernahme bzw. Gefangennahme von Thusnelda, der schwangeren Frau des Arminius. Segestes erhielt samt seiner Gefolgschaft Asyl auf dem vor Arminius Rache sicheren römischen Gebiet links des Rheines. Nach dieser Gefangennahme von Thusnelda, die ja auch Segestes Tochter war, stürmte Arminius durch die Gaue der Cherusker und rief zum Kampf gegen Segestes und Germanicus auf. Auch mit Spottreden sparte er nicht: " So viele Arme waren nötig, ein einziges schwaches Weib fortzuschleppen! Die Germanen werden es nie und nimmer verzeihen, dass sie im Lande zwischen Elbe und Rhein Ruten, Beile und die Toga haben ertragen müssen".
. . . . . . . Germanicus marschierte zurück zum Rhein und organisierte gleich (?) anschließend einen noch größer angelegten Sommerfeldzug. Dabei zog Caecina mit vierzig Kohorten anscheinend ohne größere Gefechte durch das Land der Brukterer (das nordwestliche Münsterland?) bis zu einem vorher bestimmten Treffpunkt an der Ems. Der Präfekt Pedo führte die römische Reiterei durch das Gebiet der befreundeten Friesen wohl ebenfalls zum Treffpunkt, dabei könnte er weit nach Norden ins Gebiet der Friesen ausgeholt haben, um anschließend der Flotte Flankenschutz entlang der Ems zu bieten. Germanicus selbst kam mit vier Legionen per Schiff. Höchstwahrscheinlich durch den Drusus-Kanal und über die Zuidersee. Dann über das Wattenmeer und die Ems bis zum Treffpunkt. Vermutlich während dieses Anmarsches versicherte er sich der Unterstützung der Friesen und Chauken. (Der Treffpunkt könnte folglich ungefähr (!) in der Gegend um Rheine gelegen sein – das ist zwar reine Spekulation, aber von hier aus erreicht man recht einfach um die westlichen Ausläufer der "Waldgebirge" herum auf dem "nördlichen Weg" das Schlachtfeld von Kalkriese– sofern tatsächlich dort der Endpunkt der Varusschlacht war).
. . . . . . . Vom Treffpunkt aus marschierte Germanicus mit dem gesamten Heer "alles verwüstend bis ins äußerste Gebiet der Brukterer" und anschließend zum Ort der Varusschlacht (dieser römische Kommentar lässt dagegen auf eine andere Route des Feldzuges schließen! Das "äußerste Gebiet der Brukterer" müsste sich zwischen dem Oberlauf der Ems und dem Südhang des Teutoburger Waldes befunden haben, folglich würde der Ort der Varusschlacht nicht bei Kalkriese, sondern eher südöstlich von Bielefeld zu suchen sein – womit man sich wieder dem Gebiet um die Grotenburg nähert ???). Hier sammelten sie die Überreste der Varus-Legionen ein und bestatteten diese in einem Grabhügel (Tumulus – der dürfte recht groß gewesen sein und könnte mit etwas Glück im Laufe der noch ausstehenden Feldforschungen gefunden werden). Schließlich zogen die Römer an die Weser zum Ort Amisia (Minden?). Dort teilte Germanicus das jetzt 8 Legionen große Heer zum Marsch in die Winterlager in zwei Armeen auf. Auf dem Rückmarsch zum Rhein ist ein großer Teil der von Caecina geführten, zu Fuß marschierenden "Heeresgruppe B" – bestehend aus den 4 niederrheinischen Legionen – fast vernichtet worden. Caecina wird an den bereits bekannten "pontes longi" – einem schmalen, schwierigen, teilweise mit Bohlen befestigten Weg durch ein Sumpfgebiet – von Arminius Heer umstellt und kann sich nur mit großer Mühe und großem taktischem Geschick (welches Varus offensichtlich fehlte) der Angriffe erwehren. Dabei machten die Germanen wieder erhebliche taktische Fehler. Ingiomerus, der Onkel von Arminius, wurde dabei schwer verwundet.
. . . . . . . Germanicus marschierte mit seinen vier Legionen zurück zu seinen Schiffen an die Ems (laut Tacitus) und auf bekannter Route über die Nordsee zum Rhein, aber wieder hatten die römischen Seeleute erhebliche Probleme im Wattenmeer und verloren viele Männer und Schiffe.

. . . . . . . 16 n.Null Im Frühjahr 16 n.Null fasste Germanicus den Entschluss, die römische Grenze weiter nach Norden an die Elbe zu verlegen, und rüstete erneut zum Kampf. Dazu plante er wieder einen Angriff mit Hilfe von Schiffen, die allerdings noch gebaut werden mussten. Währenddessen griff Silius von Mainz aus die Chatten an (vorbeugend?). Germanicus plante für diese Zeit einen schnellen, kleinen Feldzug entlang der Lippe, der dann aber nicht stattfand. Die Gegner hatten nämlich bereits Kenntnis davon bekommen und waren rechtzeitig abgezogen. Als die Schiffe fertig waren, konnte dann der große Feldzug gegen die Germanen beginnen.
. . . . . . . An dieser Stelle sollte mal ein Blick auf die "römische Niederrhein-Flotte" geworfen werden. Was waren das für Schiffe oder Boote und wie wurden sie angetrieben? Wenn die Flotte tatsächlich 4 komplette Legionen transportiert hat, muss das eine beachtliche Anzahl von großen Booten gewesen sein. Die vergleichsweise kleinen römischen Segelprahme waren als Truppentransporter für ein so großes Heer sicher zu klein. Es muss also bereits 15/16 n.Null in großer Stückzahl einen größeren, leistungsfähigeren Schiffstyp bei der römischen Rheinflotte gegeben haben.
. . . . . . . Nun marschierte Germanicus mit einem ungewöhnlich großen Heer noch einmal gegen die Cherusker. Dabei wurden vier Legionen (!) per Schiff vom Niederrhein aus über Nordsee und Ems oder Weser (?) zu einem Treffpunkt mit der vermutlich die Weser abwärts marschierenden Mainzer Heeresgruppe des Gaius Silius transportiert (für eine Anfahrt der Flotte auf der Weser spräche der spätere Verlauf des Feldzuges, wahrscheinlicher ist aber eine Landung der Legionäre an der unteren Ems, sichere Lagerung der Schiffe bei den Friesen oder Chauken und ein anschließender Fußmarsch der vier Legionen und ihrer Verbündeten, darunter auch Chauken, durch das Gebiet der Angrivarier zur mittleren Weser). Dieser Treffpunkt soll sich am linken Weserufer befunden haben. Hier an der Weser kam es auch zu jenem denkwürdigen Streitgespräch über den Fluss hinweg zwischen Arminius und seinem jüngeren Bruder Flavus, der auf der Seite der Römer kämpfte. Im weiteren Verlauf dieses Feldzuges kam es zwischen dem Heer des Germanicus (nun 8 Legionen und diverse Hilfstruppen) und den germanischen Stämmen unter Führung des Arminius (inzwischen unter anderem mit Langobarden und ostelbischen Semnonen / Sueben verstärkt!) zu zwei angeblich (!?) größeren Schlachten: zuerst zur Schlacht auf dem "Campus Idistaviso" und einige Tage oder Wochen später zur Schlacht am "Angrivarierwall".
. . . . . . . Nachdem die Römer die Weser überquert hatten (wo?), legten sie am rechten Weser-Ufer ein Marschlager an. Von diesem aus zogen sie dann auf das Schlachtfeld. Die Schlacht am "campus Idistaviso" fand laut römischer Berichte rechts der Weser zwischen dem Fluss (Weser?) und einem Bergzug statt (Hier kommt ein weiter Bereich zwischen Porta Westfalica und dem Ith in Frage. Derzeit – 2007 – wird über die Lage des "campus idistaviso" noch immer heftig diskutiert. Eine durchaus schlüssige These dazu hat vor einigen Jahren Rolf Bökemeier aufgestellt). Bereits auf dem Marsch wurden die römischen Truppen angegriffen. Die Schlacht selbst dauerte vom Morgen bis in die Nacht. Am Ende des Tages befanden sich die germanischen Truppen zwar in Auflösung, aber Arminius und Inguiomerus konnten mit ihren Truppen bei den chaukischen Hilfstruppen die römische Linie durchbrechen und sich nach Norden absetzen. Nach der Schlacht errichteten die Römer einen Siegeshügel und zogen dann den Cheruskern (Germanen) hinterher, um sie endgültig zu vernichten (angeblicher Aufruf des Germanicus an seine Legionäre).
. . . . . . . Arminius und seine Germanen bezogen anschließend laut der römischen Berichte am "Angrivarierwall" Stellung (Auch dieser Platz ist bis heute nicht exakt definiert; da die Angrivarier aber weiter weserabwärts lebten – ungefähr zwischen Nienburg und Bremen – muss der "Angrivarierwall" also einige Tagesmärsche nördlich von "Idistaviso" zu finden sein – es ist möglich, dass dieser Wall ursprünglich eine Art Grenzsperre eines Hauptverkehrsweges zwischen dem Gebiet der Cherusker und den Angrivariern war – die römische Schlachtfeldbeschreibung passt auf eine solche Situation. Da die Römer nichts von einer weiteren Überquerung der Weser berichten, müsste sich der Angrivarierwall folglich rechts der Weser befunden haben und zwar deutlich nördlich der Porta Westfalica. Mit aller gebotenen Vorsicht und unter Berücksichtigung der Gelände- Situation zwischen Weser und Steinhuder Meer, könnte man den Angrivarierwall in der Umgebung von Leese und Stolzenau vermuten.
. . . . . . . Der Schlachtplan des Arminius sowie die im Wald versteckten germanischen Reiter blieben Germanicus nicht verborgen. So konnte er seine Reiter in einer klassischen Reiterschlacht-Formation den germanischen Reitern entgegenwerfen und verhindern, dass diese – wie von Arminius wohl geplant – den römischen Fußtruppen in den Rücken fallen konnten. Somit erreichten die römischen Legionäre den Wall fast unbeschadet, so dass die Germanen einem viel größeren Ansturm als erwartet ausgesetzt waren. Das intensive römische Bombardement der Wallanlagen durch Schleudermaschinen, Katapulte, Bogen- und Wurfschützen tat ein Übriges. Die Germanen vermieden weitere Verluste und zogen sich in die angrenzenden Wälder zurück (wer die Gegend um das Steinhuder Meer gut kennt, kann sich dort noch heute in den weitläufigen Moorgebieten schnell und unauffällig "zurückziehen").
. . . . . . . Germanicus brach die Verfolgung des Arminius nun ab und vollzog seinen Rückzug zum Rhein - laut Tacitus auf den Schiffen seiner Flotte (wo immer die bereitlag). Als sich Germanicus mit seinen Legionen auf der Nordsee befand, kam ein Sturm auf und viele der Schiffe sanken. Andere strandeten auf kleinen Inseln ohne jegliche Verpflegung oder Marschgepäck für die Legionäre. Dadurch starb ein großer Teil der Besatzung. Den Überlebenden befahl Germanicus, die Schiffe zu reparieren und die Küsten nach weiteren Schiffbrüchigen abzusuchen. Germanicus selbst konnte sich mit einer Trireme (!) ins Gebiet der Chauken (?) retten. Auf seinem Rückweg oder kurz danach führte Germanicus noch einen weiteren Feldzug gegen die Marser (es müssen also doch noch einige Marser das Gemetzel von 14 n.Null überlebt haben), wobei er auch den zweiten der verlorenen Legionsadler zurückeroberte (Nanu ? Der soll doch schon vorher bei den Brukterern gefunden worden sein ?). Anschließend gingen die Legionäre dann endlich in die Winterquartiere.
. . . . . . . Die "Heeresgruppe Süd" unter Gaius Silius, die sich auf dem Weg in ihre Winterlager im Raum Mainz befand, musste sich, bevor sie dort eintraf, noch einmal durch das Gebiet der Chatten kämpfen.

. . . . . . . Die Berichte über diesen Feldzug stammen ausschließlich von römischen Autoren. Nach heutiger Einschätzung können die römischen Erfolge dieser beiden recht schnell aufeinander folgenden Gefechte (Schlachten?) bei weitem nicht so groß gewesen sein wie von den Römern behauptet. Da dürfte sehr viel auf das römische Publikum zugeschnittene, politische Verschönerungspropaganda dabei sein. Obwohl Germanicus zwei Jahre lang mit 8 Legionen, d.h. einem Drittel der damaligen römischen Gesamtstreitkräfte, das vergleichsweise kleine Germanien durchzogen hatte, konnte er die Arminius-Koalition nicht wirklich schwächen, so dass Arminius nur ein Jahr später die 74.000 Mann-Armee des Markomannenkönigs Marbod in einer offenen Feldschlacht nach römischem Muster besiegen konnte. Dies spricht eindeutig dafür, dass die Feldzüge des Germanicus trotz einiger vermeintlicher oder tatsächlicher Siege in einzelnen Gefechten ihren Gesamtzweck nicht erfüllten. Viele der Gefechte, die in der römischen Literatur als bedeutende Siege der Römer dargestellt werden, sind nach einer gründlichen militärischen Analyse bestenfalls siegreiche "Scharmützel", die alles andere als kriegsentscheidend waren. Kaiser Tiberius selbst spricht von schwerwiegenden und furchtbaren Verlusten. Bezüglich der Siegesberichte des Tacitus bestehen daher berechtigte Zweifel ! Aber auch von einer gelungenen "Rache für Varus" kann nicht die Rede sein. Denn erstens befand sich einer der drei verlorenen Legionsadler laut römischer Berichte des Jahres 41 n.Null immer noch in germanischer Hand, zweitens fand eine Unterwerfung des "harten Kerns" der widerborstigen Germanen nicht statt, drittens befand sich Arminius immer noch an der Spitze einer starken Koalitionsarmee und viertens konnte Arminius noch im Jahre 17 n.Null. unwidersprochen öffentlich behaupten, dass er die Römer "hinausgeworfen" habe, d.h. er konnte den Erfolg für sich reklamieren, ohne dass dies unglaubhaft erschien.
. . . . . . . Germanicus wurde abberufen und in Rom mit einem Triumphzug geehrt (bei dem er die von ihrem eigenen Vater gekidnappte Frau des Arminius – Thusnelda – und deren Sohn vorführte) und von Kaiser Tiberius in den Osten des Reiches entsandt. Er reiste über Griechenland und Kleinasien nach Syrien, von dort nach Ägypten und wieder zurück nach Syrien, wo er in Antiochia erkrankte und starb, angeblich vergiftet vom Statthalter der Provinz, Piso, mit dem er in Streit lag. Die genauen Todesumstände sind jedoch nie aufgeklärt worden. Germanicus war, anders als sein Onkel Tiberius, im ganzen römischen Reich sehr beliebt, was sich an der großen Trauer nach seinem Tod zeigte. Zahlreiche Ehrenmonumente und Totenehrungen wurden für ihn beschlossen.

. . . . . . . FAZIT: Die römische Militär-Politik gegenüber den um das Jahr Null herum wirtschaftlich und militärtechnisch eigentlich haushoch unterlegenen Germanen erinnert fatal an fehlgeschlagene "Erziehungsmaßnahmen" der Sowjets und der USA gegenüber "unterentwickelten Völkern der dritten Welt" in unserer Zeit (um 2000 n.Null). Wie schon die römischen Machthaber zeigen auch die Regierungen dieser "modernen" Industrie-Großmächte ein eklatantes Unverständnis, was die emotionalen (!) Bedürfnisse kleinerer Völker betrifft. Es war früher und ist heute sinnlos, Liebe und Zuneigung von Menschen zu erwarten, deren Familie soeben von "den Römern", "den Russen" oder "den Amis" ermordet wurde und deren bescheidenes Heim so nebenbei im "chirurgisch präzisen" Bombenschlag unterging. Die Rache überlebender Verlierer kann die "Sieger" noch viele Generationen verfolgen. Obwohl der Cheruskerfürst Arminius von den Römern als barbarischer Bandit und Verräter bezeichnet wurde und seine Motive vermutlich eher ziemlich eigennützig und wenig patriotisch waren, hat er doch den Verlauf der europäischen Geschichte entscheidend beeinflusst und noch nach zweitausend Jahren wird er von seinen "spätgermanischen" Nachkommen augenzwinkernd bewundert: ein pfiffiger Bauernlümmel aus der niedersächsischen Provinz, der eine protzende Weltmacht in die Schranken weist – das hat was !

. . . . . . . Vielleicht hat's ja niemand bemerkt, aber bisher war nirgends die Rede von Tüünern. Dabei dürfte Arminius bestimmt einige der tapferen Tüüner Knüppelkämpfer in seinem Heerhaufen beschäftigt haben. Schließlich ging es ja auch um viel Beute bei der Plünderung der römischen Legionen. Solche Schnäppchen lässt sich ein echter Tüünstedter doch nicht entgehen! Haben sich unsere Tüüner Jungs vielleicht gleich nach den Scharmützeln still und heimlich im Abendnebel verdrückt und schwer bepackt auf den langen Weg nach Hause gemacht ?





250 Jahre später: Die echten (!) alten Saxen

. . . . . . . Den Namen der Saxen überliefert um 150 n.Null der alexandrinische Geograph Ptolemäus (ca. 85 – 160 n.Null) in seiner Erdbeschreibung für jenen Stamm, der "nördlich der Elbe bis an die Landenge der kimbrischen Halbinsel" siedelte. Die namengebende Waffe, der "Sax" (Sahs), ist ein einschneidiges Schwert von 70 bis 80 cm Länge, als Messer (Scramasax) mit einer Klingenlänge von 25 bis 30 cm Länge. Die "Sahsnotas" (Sax-Genossen / Saxen / Sachsen) scheinen ein Kultverband von Kriegern gewesen zu sein. Mythen und Traditionen der alten indogermanischen Religion erhielten sich bei ihnen auch nach der Zwangschristianisierung noch über tausend Jahre in vielen ländlichen Bräuchen und Sitten.
. . . . . . . Im frühen 3. Jhdt. wurde das Stammesgebiet über die untere Elbe hinweg nach Süden und Westen ausgedehnt. Hinweise auf kriegerische Auseinandersetzungen fehlen weitgehend (abgesehen vom Land Hadeln an der Elbmündung), daher werden sich wohl die dort siedelnden Stämme dem ziemlich angesehenen Stammesbund der Saxen friedlich angeschlossen haben. Im 4. und 5. Jhdt. breiteten sich die Saxen in Richtung Niederrhein bis zu den dort siedelnden Franken aus.
. . . . . . . Seit der Mitte des 3. Jhdts. wurde das römische Reich immer wieder von Einfällen germanischer Stämme heimgesucht. Auch die Saxen waren mit seefahrenden Raubgruppen daran beteiligt. Gegen ihre Plünderungen der nordgallischen Küstenregionen errichteten die Römer den Litus Saxonicum, ein Verteidigungssystem an der britischen und gallischen Kanalküste. Schließlich machten sich die Römer ihre Feinde zu Verbündeten, warben im großen Umfang germanische Söldner an – darunter auch Saxen – und siedelten ganze Stämme in den Grenzregionen, zum Beispiel in weiten Teilen Nordgalliens, als Puffer an. Durch sogenannte "Föderatenverträge" wurden sie zu römischen Verbündeten. Im 4. und frühen 5. Jhdt. waren Saxen und Angeln vor allem auf der britischen Insel Söldner in römischen Diensten. 
. . . . . . . Nach dem endgültigen Ende römischer Herrschaft in Britannien siedelten sich weitere Angeln und Saxen an. Nach dem Zusammenbruch der römischen Verwaltung um die Mitte des 5. Jhdts. strömten so viele Angeln, Saxen und Jüten nach England, dass es in den küstennahen Gebieten auf dem Kontinent zu einer deutlichen Siedlungsausdünnung kam (die alte Landschaft Angeln war mehr als 200 Jahre lang fast menschenleer). Noch der englische Mönch Beda (gest. 735) hatte sich die Erinnerung an die festländischen Verwandten bewahrt, die er im Gegensatz zu den Angelsaxen auf der britischen Insel als "Altsaxen" bezeichnete. Die christlichen Angelsaxen fühlten sich sogar verpflichtet, ihre heidnischen Verwandten zu missionieren. So ist die einzige Quelle, die etwas über die sozialen Strukturen in der altsäxischen Verfassung berichtet, die des angelsäxischen Missionars Lebuin (gest. um 780). Leider kann sie nur bedingt die Bewertung archäologischer Zeugnisse der alten Saxen unterstützen.
. . . . . . . Über viele Lebensbereiche der Saxen können nur archäologische Quellen etwas aussagen. Wie schon in der Römerzeit ist das Zentrum der Wirtschaft der bäuerliche, auf Ackerbau und Viehzucht ausgerichtete Hof mit dem dreischiffigen Wohn-Stall-Haus und verschiedenen Nebengebäuden. An Handwerk lässt sich Spinnerei, Weberei, Holz-, Leder-, Geweih- und Knochenverarbeitung und Töpfern nachweisen. Im archäologischen Fundgut tritt vor allem der nun hohe Standard des metallverarbeitenden Handwerks in den Vordergrund. Zu unterscheiden sind Grobschmiede, die Eisen zu Waffen, Werkzeug und Gerät verarbeiten, von Feinhandwerkern, die vornehmlich aus Bunt- und Edelmetall Schmuck und Trachtbestandteile herstellten. Holzgegenstände bilden aber immer noch den Hauptanteil der Sachkultur. Keramik ist fast ausschließlich von Hand hergestellt, obwohl die schnell rotierende Töpferscheibe seit dem 4. und 5. Jhdt. auch im germanischen Siedlungsraum bekannt war. Die Keramik ist z.T. von ausgesprochen hoher Qualität. Besonders charakteristisch für die Saxen sind die "Säxischen Buckelurnen". Allgemein lässt sich ein starker römischer Einfluss nachweisen, sowie seit der Völkerwanderungs- und Merowingerzeit intensiver Kontakt zu Franken, Thüringern und Nordgermanen. Das Vorkommen von Gegenständen wie Glasperlen, Glas- und Bronzegefäße sowie Schmuck in Germanien lässt sich z.T. auf Fernhandel zurückführen. Andere Stücke scheinen eher als Geschenke oder durch die Einheirat von thüringischen, süddeutsch-alamannischen oder fränkischen Frauen ins Land gekommen zu sein.
. . . . . . . Die Tracht der alten Saxen muss heute weitgehend aufgrund der metallenen Bestandteile und ihrer Lage in Körpergräbern rekonstruiert werden. Dennoch ist es möglich, Änderungen in der Mode, auch der textilen Bestandteile, festzustellen. Hier schlagen sich die Beziehungen zu den Römern nieder. Die Gräber von Personen mit römischen Militärgürteln, die also in römischen Diensten gestanden haben müssen, sind besser ausgestattet als die anderer Männer.
. . . . . . . Auch zu Kult und Religion sind nur wenige Aussagen mögliche, da Schriftquellen über die alten Saxen, die ja nicht auf ehemals römischem Reichsboden siedelten, länger schweigen als über andere Stämme. So ist man auf einige Funde aus den Gräberfeldern angewiesen, wie Tongefäße in Tierform, Fenstergefäße mit Glaseinsätzen oder Amulette verschiedenster Art. Daneben sind differenzierte Darstellungen aus der Mythologie auf den Goldbrakteaten festzustellen und auch die Runen scheinen hauptsächlich in religiösem Sinne verwendet worden zu sein.  




750 Jahre nach Varus: Widukind gegen Karl
. . . . . . . Im Gegensatz zu seinem Gegenspieler Karl dem Großen, wissen wir nicht besonders viel über den Saxen Widukind. Sein Geburtsjahr wird auf 743 n.Null datiert und sein Todesjahr auf 807 n.Null. Wer also war Widukind ?
. . . . . . . Die "Schriftkundigen" haben mittlerweile herausgefunden, das Widukind wohl nicht aus Engern stammt, sondern aus Westfalen – dort schien er vor den Saxenkriegen und seiner Taufe über mehrere Höfe und Burgen verfügt zu haben. Unter anderen auch über die Sigiburg, die heutige Hohensyburg am Hengsteysee an der Ruhr (Nee Leute, dat is nich auf Schalke! Dat liecht heute auf'm Stadtgebiet von Dortmund!). Widukind ist allerdings in der Stiftskirche in Engern beigesetzt worden.
. . . . . . . Widukind, der als Sohn eines alten sächsischen Geschlechts der adeligen Oberschicht in Westfalen angehörte, war Stammesführer aller Westfalen. Er entwickelte sich zum erbittertsten Gegner der Franken und zum größten Widersacher Karls des Großen. Das Widukind für das fränkische Reich von großer Bedeutung war, zeigt die Tatsache, das Einhard, der Chronist Karls, ihn in seiner "Vita Caroli Magni" namentlich erwähnt.
. . . . . . . Ob nun Widukind tatsächlich nur gegen die Franken gekämpft hat, weil er sich gegen deren "neuen Glauben" und deren "Verwaltungs- System" wehren wollte oder ob er vor allem seine persönlichen Wirtschafts-Interessen verfolgte (seine Besitztümer in Westfalen, seine adelige Vormachtsstellung) ist nicht bewiesen und gibt viel Anlass zur Spekulationen. Sicherlich war er ein begabter, charismatischer Redner, der freie, sehr individuelle Männer motivieren konnte, in den Kampf zu ziehen. Die Anzahl und der lange Zeitraum der von ihm geführten Aufstände und Feldzüge führt das deutlich vor Augen. 
. . . . . . . Widukind wurde im Laufe der Saxenkriege zum alleinigen Anführer (Herzog) aller Saxen gewählt. Er befehligte von da an nicht nur die Westfalen sondern auch die Ostfalen und Engern. Die säxischen Stormaren und Holsaten nördlich der Elbe boten ihm zumindest ein sicheres Rückzugsgebiet. Und er konnte sogar die Friesen zu einem Bündnis gegen Karl bewegen, die dann neben dänischen Kontingenten gegen das Fränkische Reich kämpften.
. . . . . . . Widukind war mit der Schwester des dänischen Königs verheiratet und zog sich immer wieder zurück nach Dänemark an den Hof seines Schwagers. Dort wartete er ab, bis sich eine Gelegenheit bot, um wieder einen Kriegszug zu organisieren. Man geht inzwischen davon aus, das sein Schwager ihn mit Geld, Waffen und auch Kriegern tatkräftig unterstützte. Widukind stand auf der Liste der fränkischen Staatsfeinde ganz sicher an erster Stelle.
. . . . . . . Nach jahrelangem, zunehmend aussichtslosem Widerstand gegen die Franken, fortschreitendem Alter und einer schmerzhaften Rückenverletzung beschloss Widukind im Herbst oder Winter des Jahres 785 n.Null, sich Karl zu ergeben und um Frieden zu bitten.
. . . . . . . Karl der Große erkannte, dass er die Saxen niemals komplett erobern bzw. beherrschen könnte, solange Widukind sein Gegenspieler ist. Eine Hinrichtung des Staatsfeindes kam auch nicht in Betracht, da er sonst Widukind in einen heldenhaften Märtyrerstand erhoben hätte. Karl musste also einen Weg finden um den "sagenumwobenen Held" der Saxen auf seine Seite zu ziehen. Er hat folglich Widukind wider Erwarten nicht hinrichten lassen oder eingesperrt, wie damals eigentlich üblich, sondern ihm gnädig verziehen (gekauft?).
. . . . . . . Zu Weihnachten des Jahres 785 n.Null ließ sich Widukind in Attigni taufen. Der Taufpate Widukinds war niemand anderer als Karl der Große höchstpersönlich. Zu Karls Taufgeschenken für Widukind gehörte auch ein sehr wertvolles Reliquienkästchen. Auch erhielt Widukind einen großen Teil seiner alten Besitztümer in Westfalen und Engern zurück. Zudem setzte Karl seinen alten Feind Widukind als Grafen mit dem dazu gehörigen erblichen Titel ein. Wegen seines fortschreitenden Alters und seines nicht besser werdenden Rückenleidens (drei verletzte Rückenwirbel) legte Widukind aber schon bald sein Amt als Graf nieder. Er konnte nicht mehr reiten und somit seinen Pflichten als Graf nicht mehr nachkommen. Sein Sohn übernahm von da an dieses Amt. Widukinds Todesjahr datiert die heutige Forschung auf 807 n.Null. Widukind wurde offensichtlich mit allen Ehren, aber nach alter säxischer Sitte in der Stiftskirche von Engern beigesetzt. Neuere Forschungen kommen zu dem Ergebnis, dass einer der dort beigesetzten Toten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Widukind ist. Man schließt es aus dem Alter des Toten und daraus, dass der Leichnam eine Wirbelverletzung aufweist. Die Grabplatte, die heute zu sehen ist, stammt allerdings vom Ende des 11. oder sogar vom Anfang des 12. Jahrhunderts und nicht aus dem 9. Jahrhundert.
. . . . . . . Ähnlich wie der Cherusker Arminius (Siegfried ?) sich den meisten Deutschen als trotziger Widerstandskämpfer eingeprägt hat, so ist Herzog Widukind als Widerpart des eisernen Frankenkaisers tief im Gedächtnis des alten Saxen-Volkes verankert. Intensiv wird sich noch heute im Gebiet der Engern und sogar der nordelbischen Saxen an das Verdener Gemetzel Karls des Großen an den 4500 säxischen Vorvätern erinnert. Norddeutsche Volkstumsforscher führen die auffällig reservierte Haltung vieler "nördlicher Norddeutscher" besonders gegenüber der katholischen Kirche auf dieses säxische "Langzeitgedächtnis" zurück; großstädtische Sozialpädagogen halten das dagegen für übriggebliebene Propaganda aus den Vierzigern.



Und was ist seither mit den Tüünstedtern passiert ?

. . . . . . . Schwer zu recherchieren. Irgendwie haben sie hinter ihrem Küstennebel das Mittelalter überlebt. Erst seit dem Beginn des "Schmalspurmodelleisenbahnzeitalters" (sehr hübscher Begriff) gibt es wieder Geschichten von echten Tüünstedtern über Tüünen und seine unmöglichen Bewohner. Im Vergleich zu den meisten "völkerwandernden" Germanen waren die säxischen Stämme überwiegend zu Hause geblieben (außer den Angeln). Die weitgehend entleerten Gebiete östlich der säxischen Gaue wurden seit ungefähr 600 n.Null von westwärts wandernden slawischen Stämmen besiedelt. So hatten die säxischen Holsten und Stormaren nun die slawischen Polaben (Elb-Polen) als Nachbarn. Die rückten ihnen zeitweilig bis zu einer Linie Kiel-Lauenburg auf die Pelle. Erst nach Beendigung des Krieges gegen Karls Franken konnten die Saxen (mit Hilfe von Friesen und Westfalen) langsam wieder ihren Einfluss nach Osten ausdehnen. Dennoch blieb die Bevölkerung in "Ost-Holstein" noch mehrere hundert Jahre "gemischt". Die slawische Herrschaft dauerte in Ost-Holstein etwa dreihundert Jahre, in West-Mecklenburg etwa fünfhundert Jahre. Obwohl sich anschließend die säxische Sprache durchsetzte (Handels- und Herrschaftssprache), behielten viele der slawischen Siedlungen ihren slawischen Namen bis heute. Das südlich von Tüünen gelegene Mecklenburg hatte lange einen wesentlich stärkeren slawischen Bevölkerungskern. Nicht zuletzt wohl auch, weil der alte slawische Adel sich bis 1945 seine Macht erhalten konnte. Trotzdem hat die säxische Sprache – das Plattdeutsch (Niederdeutsch) – auch hier die slawischen Sprachen verdrängt. Plattdeutsch war fast tausend Jahre lang die Handelssprache des Ostsee-Raumes. Das prägt.
. . . . . . . Auch Tüünen hat eine Zeitlang einige slawischstämmige Siedler beherbergt. Die Namen Unnsin - ein Ortsteil von Tüünstedt - und Nonnsenz weisen darauf hin. Allerdings scheinen die säxischen Tüüner immer die Mehrheit gebildet zu haben. Säxische Orts-, Flur- und Flussnamen überwiegen. Derzeit haben sich die echten alten Tüünstedter durchgesetzt. Ihre Insel hat den guten, alten säxischen Namen Tüünen. Worüber die frommen Nonnsenzer Klosterschwestern garnicht erbaut sind.
. . . . . . . Der permanente erste Vorsitzende des Tüüner Hofrates (einer angeblich selbstbestimmten, tatsächlich aber unbeschreiblichen Verwaltung), Kleinherzog R.T. Leu von Tüünstedt fragt sich allmorgendlich: "Wer bin ich und wenn ja, wieviele?" (Saxe, Slawe oder vielleicht sogar Wikinger? Römer jedenfalls nicht!). Angeblich weiß er das bis heute nicht so ganz genau. Macht aber nichts – Hauptsache, er fühlt sich frei !

. . . . . . . Und weil es so schön ist, noch ein beliebtes Zitat Ihres kleinherzogtümlichen Hofberichterstatters Rollo von Tüünstedt:
"Ich glaub' ich denke, also bin ich – glaub' ich."



Falls es inzwischen jemand vergessen hat:
. . . . . . . die Geschichte der frühen Tüünstedter wurde kühn fomuliert vom kleinherzogtümlichen Hofberichterstatter Rollo von Tüünstedt, einem wissbegierigen Mann, der jederzeit bereit ist, jedem alles zu erzählen (nun ja, fast alles). Diverse kontinentaldeutsche, eurasische wie auch transatlantische Nachrichtendienste verzichten deshalb gern auf Rollos Erzählungen. Sie glauben lieber ihre eigenen Märchen.


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